Der Ursprung meiner Karriere
Ob Studium, Hobby oder erster Job – die verschiedenen Stationen im Leben prägen nicht nur die Persönlichkeit eines Menschen, sondern auch seine Karriere. Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft berichten, wie sie wurden, was sie sind.

Miriam
Wohlfarth

Ich bin keine Freundin scheinbar perfekter Instagram-Welten. Gerade beim Gründen läuft nicht immer alles glatt.
Miriam Wohlfarth
Geschäftsführerin von Ratepay
Die Selbstfindung
Das war 1989, damals war ich 19, erhielt mein Abitur in Böblingen und steckte mitten im Selbstfindungsprozess. Ich wusste nicht recht, welchen Beruf ich ergreifen sollte. Deshalb studierte ich zunächst Politik, Geschichte und Volkswirtschaft an der Universität Tübingen, brach das Studium aber nach vier Semestern ab, weil mir der Praxisbezug fehlte.
Die Ausbildung
Ich liebe das Reisen. Und ein Studium passte nicht zu meiner Abenteuerlust. Deshalb arbeitete ich ab 1994 zunächst im Vertrieb bei Explorer Fernreisen und dann als Verkaufsleiterin bei Hapag Lloyd. Das Foto entstand 1995 auf der Insel Kho Tao in Thailand. Während meiner Tätigkeit in der Tourismusbranche lernte ich vor allem das Verkaufen. Davon profitierte ich bei der Gründung meines Unternehmens.
Die Gründung
Mitten in der Finanzkrise ein Fintech gründen? Noch dazu, wenn die Tochter gerade in die Schule kommt? Das ist nichts für jeden, aber ich wagte es 2009 trotzdem. Ich hatte einige Jahre bei Unternehmen gearbeitet, die Zahlungssysteme für Onlineshops anboten. Damals gab es keine Möglichkeit der Ratenzahlung. Deshalb gründete ich mit zwei Kollegen aus der Finanzbranche Ratepay. Es war eine ziemlich stressige Zeit, klar. Aber mit guter Organisation bekam ich es hin. Und im Jahr 2017 haben wir einen Gewinn von 2,4 Millionen Euro gemacht.
Redaktion: Daniel Rettig
Fotos: Privat
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn, Sara-Verena Adamsky

Christian
Boros

Den Unternehmer sehe ich als Täter, der für seine Taten geradesteht. Er braucht Mut, darf aber nicht leichtsinnig sein – eine heikle Gratwanderung.
Christian Boros 
Medienunternehmer und Kunstsammler
Student
Das ist Sturm und Drang: Der 19-jährige Student, der gleich nach dem Abi von Köln nach Wuppertal geht, um Ästhetik zu studieren. Meine Eltern waren verzweifelt: Wie sollte der Junge mit dem Studium des Schönen, Wahren, Guten später mal Geld verdienen? Sie wussten nicht, was für einen genialen Lehrer ich hatte: Bazon Brock. Er hat mir das Denken beigebracht. Und einen Leitsatz eingeschärft: Ich solle mich immer für das Merk-Würdige interessieren. Für alles, was neu und unkonventionell ist. Daran habe ich mich gehalten. 
Jungunternehmer
Das ist das Ankommen in der Erwachsenenwelt: Ich bin 30, am Ende des langen Studiums, und feiere doch schon das fünfjährige Jubiläum meiner Werbeagentur. Neben dem Vorlesungsbetrieb hatte ich begonnen, Kunden zu akquirieren. Zu den wichtigsten zählte der Fernsehsender Viva, für den wir den Slogan „Viva liebt dich“ erfanden. Eine Zeit voller Projekte: In unserem Konferenzraum war ein gelb lackierter Stein an der Wand befestigt, mit einer Schiene dahinter, so dass man ihn bewegen konnte. Die Botschaft des Kunstwerks: Wenn man will, kann man Berge versetzen! 
Kunstsammler
Das ist die Steigerung: Der Mann, der durch Wände geht, der sich für eine Idee durch meterdicke Betonmauern frisst. Zehn Jahre ist es jetzt her, dass der Kunstbunker in Berlin-Mitte eröffnet wurde. Ich habe ihn nicht gesucht, er hat mich gefunden. Als ich das erste Mal mit dem Taxi vorfuhr, wusste ich: Das ist der Ort. Einmalig, unverwechselbar, solitär. Auf sechs Etagen zeigen wir hier Kunst, die Sammlung Boros. Das Gebäude hat mein Leben verändert. Ich weiß, dass man als Unternehmer etwas unternehmen muss – und kann. Und das macht Freude.
Redaktion: Christopher Schwarz
Fotos: PR, Imago
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn

Roland
Mack

Wir denken nicht in Quartalszahlen, sondern in Generationen – und dabei bleiben wir bodenständig
Roland Mack 
Gründer und Inhaber des Europa-Parks
Zirkuswelt
Groß geworden bin ich zwischen Karussell, Schaustellerwagen und Zirkusleuten im baden-württembergischen Waldkirch. Meine Eltern führten damals das Familienunternehmen, das mein Ur-Ur-Ur-Urgroßvater Paul Mack 1780 gegründet hatte. Ab 1950 entwickelte die Firma sich vom klassischen Wagenbauer zum Produzenten von Familien-Fahrgeschäften und Achterbahnen – die ich selbst gerne testete.
Gründung
Obwohl mein Vater nicht viel von „Studiererei“ hielt, schrieb ich mich 1969 an der Universität Karlsruhe in Maschinenbau ein. Als ein Mit-Ideengeber und -Planer starb, trat ich an dessen Stelle und gründete 1975 mit meinem Vater den Europa-Park in Rust nahe der deutsch-französischen Grenze.
Erweiterung
2019 eröffnet unsere neue Wasserwelt auf einer Fläche von 45 Hektar. Worauf ich besonders stolz bin: Die größte Investition unserer Geschichte ist komplett eigenfinanziert – und ist ein Projekt der nächsten Generation. Die künftigen Rollen meiner drei Kinder und die Rollen der Kinder meines Bruders haben wir in einer Familiencharta klar definiert.
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: PR, Privat
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn

André
Schwämmlein

Lieber treffe ich eine nicht perfekte Entscheidung und lerne daraus, anstatt Zeit zu verlieren
André Schwämmlein Mitgründer von FlixBus
Die Partei
2002 zog ich mit gerade mal 21 Jahren für die Grünen in den Kreistag von Fürth ein. Als junger Oppositionspolitiker lernte ich, deutlich erfahrenere Abgeordnete von etwas zu überzeugen, obwohl sie meine Zustimmung überhaupt nicht brauchten. Mein Tipp: erst zuhören und die Argumente nachvollziehen, dann erklären, wie mein eigener Vorschlag darauf einzahlt. Das hat mir später bei Verhandlungen mit gestandenen Busunternehmern sehr geholfen. 
Die Beratung
Als studierter Wirtschaftsingenieur heuerte ich 2008 bei der Boston Consulting Group in München an. Der Job hat mir viel Spaß gemacht, hat mir aber auch gezeigt, dass ich mehr Gestaltungsmöglichkeiten haben wollte als ein normaler Angestellter. Denn leider bekam ich als Berater selten mit, ob meine Vorschläge umgesetzt wurden und wie es dann weiterging. Das stellte mich auf Dauer nicht zufrieden. 
Die Gründung
2011 habe ich gemeinsam mit meinem ehemaligen Berater-Kollegen Jochen Engert und Daniel Krauss FlixBus gegründet. Gerade am Anfang war es extrem wichtig, dass wir schnell loslegen. Wir konnten deshalb nicht jede Entscheidung bis ins Detail durchdenken, sondern mussten das große Ziel im Auge behalten. Von unseren ersten zehn Strecken sind bis heute nur zwei übrig geblieben. Daran hätte sich aber auch nichts geändert, wenn wir noch länger über den Streckenplan nachgedacht hätten. Schnell aus Fehlern lernen – das machen wir bis heute so.
Redaktion: Kristin Schmidt
Fotos: imago, Fürther Nachrichten/Hans-Joachim Winckler, imago, PR
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn
Produziert mit Storyflow

Dirk
Rossmann

Schon als Zehnjähriger war mir irgendwie klar: Langweilig sollte mein Leben nie sein!
Dirk Rossmann
Gründer der Drogeriemärkte
Der Anfang
Meine erste Geschäftsidee kam mir in den Sinn, als ich zwölf war. Ich klingelte bei unseren Nachbarn und bot ihnen an, alle Produkte aus der Drogerie meiner Mutter zu besorgen, sie mit meinem Fahrrad frei Haus anzuliefern. Das kam gut an. Ich vergrößerte mein Einsatzgebiet, verdiente nicht schlecht. Die Einkünfte waren mein Startkapital für eine Eigentumswohnung, die ich mit 16 Jahren erwarb.
Die Gründung
Im März 1972 eröffnete ich den ersten Selbstbedienungsdrogeriemarkt. Heute würde man dazu Start-up sagen. Nur dass wir, im Gegensatz zu vielen jungen Unternehmen heute, gleich am ersten Tag volle Kassen hatten. Das Geschäftsmodell übertraf meine kühnsten Erwartungen.
Das Erbe
Damals war ich 25. Die Welt sollte durch das, was wir tun, ein Stück gerechter, sozialer, liebevoller werden. Das ist mir auch heute noch wichtig: die Verantwortung für die Mitarbeiter, der Blick über den Tellerrand hinaus. Um diesen Punkt kreist auch meine Autobiografie, die gerade erschienen ist: Mir imponieren Menschen, die Zivilcourage haben, Haltung zeigen, sich nicht den Mund verbieten lassen. Und diesen Anspruch an andere, den habe ich auch mir selbst gegenüber. 
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: Aus der Biographie von Dirk Rossmann "...Dann bin ich auf den Baum geklettert", Ariston 2018: Privat (2), Stefan Kröger für WirtschaftsWoche, Deutsche Stiftung Weltbevölkerung
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn, Sara-Verena Adamsky

Gisbert
Rühl

Anfang der 2000er-Jahre gab es das Wort ‚Digitalisierung‘ noch nicht. Wir waren mit unserer Idee der Zeit voraus.
Gisbert Rühl
CEO des Stahlhändlers Klöckner & Co
Der Vertrag
Auf diesem Bild aus dem Jahr 1998 unterzeichne ich den Vertrag für ein Joint Venture mit einem Hersteller von Bremsbelägen im chinesischen Hangzhou – mein erster großer Abschluss als CEO des Automobilzulieferers Rütgers Automotive. Dorthin bin ich nach meiner Zeit als Berater bei Roland Berger gewechselt. Ich sollte die internationale Expansion vorantreiben. Eine lehrreiche Zeit, vor allem im Umgang mit anderen Kulturen.
Die Krise
Anfang der 2000er-Jahre arbeitete ich als IT-Vorstand beim Mischkonzern Babcock Borsig. Keine leichte Aufgabe, denn das Unternehmen befand sich in einer Krise. Es hatte jahrelang in die unterschiedlichsten Bereiche investiert, nun herrschte Chaos. Deshalb waren wir zunächst mit der Konsolidierung beschäftigt, und anschließend wurde ich damit beauftragt, eine neue IT-Strategie zu entwerfen. Gemeinsam mit SAP, Cisco und VA Technologies haben wir schließlich eine neue Plattform für den Anlagen- und Maschinenbau aufgebaut. Das Foto mit dem damaligen NRW-Ministerpräsidenten Wolfgang Clement entstand bei deren Start.
Die Digitalisierung
Ich hatte mir das Programmieren bereits während meines Studiums selbst beigebracht, da ich nachts die Computer meines Studentenjobs nutzen konnte. Dieses technische Grundverständnis hat mir in all meinen Jobs geholfen, aber ganz besonders, als ich 2009 CEO von Klöckner & Co wurde. 2014 starteten wir mit der Digitalisierung des Unternehmens und gründeten die Einheit kloeckner.i in Berlin. Mir war es immer wichtig, mit Digital Natives und Experten auf Augenhöhe zu diskutieren. Wie zum Beispiel auf diesem Bild mit dem Gründungsteam von XOM Materials, der von Klöckner & Co initiierten, offenen Industrieplattform. Heute erwirtschaften wir bei Klöckner & Co bereits mehr als eine Milliarde Euro Umsatz pro Jahr über digitale Kanäle.
Redaktion: Lin Freitag
Fotos: Imago, PR
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn, Sara-Verena Adamsky

Karen
Heumann

Für mich ist Karriere eine mögliche Folgeerscheinung, nie das Ziel.
Karen Heumann
Vorstandssprecherin der Werbeagentur thjnk
Freiheit
Meine Kindheit fand draußen und meist barfuß statt. Lieber mal in eine Scherbe treten als Schuhe tragen müssen. Ich hatte abenteuerlustige Eltern, die gerne in entlegene Gegenden fuhren. 1973 war es ein Flecken in Griechenland. Ich erinnere mich an die Freiheit, die ich spürte, wenn die Heimat hinter uns lag. Ich liebte Reisen und Bücher. Karriere war nie etwas, über das ich nachdachte. Mein Beruf sollte Berufung sein. Ich schwankte zwischen Archäologie, Zoologie und Journalismus.
Schönheit
Ich hatte mich 1985 schon in London am King’s College für Kunstgeschichte und Wirtschaft eingeschrieben. Doch vorher unternahm ich eine Reise in den Süden. Ich kam durch Aix-en-Provence und fuhr den Boulevard Cours Mirabeau hinunter. Schöner ging es nicht! Ich änderte meine Pläne und blieb. Am Ende wurden es acht Jahre in Südfrankreich. Nach meinem Abschluss in Wirtschaft gründete ich meine erste Werbeagentur. Mein Ziel war nie, nach oben zu streben, sondern Erfüllung zu finden.
Erfüllung
1994 kam ich zurück nach Deutschland. Seitdem habe ich Markenstrategien entworfen, seit 2003 auf Vorstandsebene, meist als Partner, bei Leagas Delaney und Jung von Matt, heute als Vorstand der Kommunikationsagentur thjnk. Wenn eine Strategie verfängt, der Erfolg eintritt, hat sich aller Einsatz gelohnt. Vor drei Jahren haben wir den ersten deutschen Global Effie gewonnen. Der Effie ist ein Wettbewerb, in dem neben Kreativität auch die Wirkung von Kampagnen prämiert wird – also exakt das, woran ich glaube.
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: PR, Privat
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn

Roland Berger

Am Anfang hatte ich nichts Großes im Sinn. Ich wollte nur genug Geld für ein bürgerliches Leben verdienen.
Roland Berger
Gründer Roland Berger Strategy Consultants
Wäscherei
Schon während meines Studiums wollte ich auch praktisch arbeiten. Weil damals viele Frauen nicht mehr von Hand waschen wollten, sich aber kaum jemand eine Waschmaschine leisten konnte, eröffnete ich 1958 eine Wäscherei. Der Druck war groß, denn meine Mutter hatte hierfür einen Kredit über 35 000 D-Mark aufgenommen. Im Falle eines Scheiterns wäre meine Familie pleite gewesen. Also war ich gezwungen, erfolgreich zu sein.
Italien
Ich war immer neugierig auf andere Kulturen. Und so absolvierte ich ein Praktikum bei einer Bank in Rom, dort entstand dieses Foto. 1962 kehrte ich nach Italien zurück und stieg bei der Strategieberatung Pietro Gennaro Associati in Mailand ein. Mir gefiel es, mit Entscheidern im internationalen Kontext zu arbeiten. Auch deshalb trieb ich die Auslandsexpansion meiner eigenen Beratung später zügig voran.
Gründung
Das Wichtigste für Berater – neben Know-how, Kompetenz und Kreativität – sind persönliche Beziehungen, die auf Leistung und Integrität beruhen. Das begriff ich nach der Gründung meiner Beratung 1967 noch deutlicher. Mit Ende 20 musste ich Vorstandschefs überzeugen, meinem Rat zu vertrauen. Drei Dinge waren wichtig: inhaltlich perfekt vorbereitet sein, die Erwartungen der Auftraggeber übererfüllen und wissen, wie man mit hochrangigen Persönlichkeiten umgeht.
Redaktion: Kristin Schmidt
Fotos: Stefan Kröger für WirtschaftsWoche, Interfoto, Privat, Action Press
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn
Produziert mit Storyflow
Tarek Müller und Co.: Entdecken Sie weitere Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft.

< Zurück

Weiter >

IQ Banner 1 - Ad Tile 3/1mob
Abo
eMagazin
App
Impressum
© WirtschaftsWoche 2018
IQ - Abschlussscript Werbung (dieser text wird online nicht angezeigt)