Der Ursprung meiner Karriere
Ob Studium, Hobby oder erster Job – die verschiedenen Stationen im Leben prägen nicht nur die Persönlichkeit eines Menschen, sondern auch seine Karriere. Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft berichten, wie sie wurden, was sie sind.

Stephan
Schambach

Mein Tipp für Gründer: Nehmt das Geld der Investoren, wenn ihr es bekommen könnt – und nicht erst dann, wenn ihr es dringend benötigt.
Stephan Schambach
Mehrfachgründer
Der Tüftler
Im November 1989 präsentierte ich auf der Messe der Meister von Morgen in Leipzig mein Exponat zur Kontrolle von Schaltkreisen – am Stand der Uni Jena, wo ich ein Studium zum Labortechniker für Physik begonnen hatte. In meiner Freizeit baute ich Computer nach. Abends erreichte mich die Nachricht von der Maueröffnung.
Der Hype
Mitte der Neunzigerjahre entwickelten wir bei Intershop die erste E-Commerce-Standardsoftware. Aus den Ausgründungen ehemaliger Kollegen entstanden Firmen mit mehr als 1000 Arbeitsplätzen. Im Februar 2000 stand ich auf dem Titel der „Businessweek“, kurz darauf brachen die gehypten Kurse vieler New-Economy-Firmen ein.
Der Neustart
2004 gründete ich Demandware, das erste E-Commerce-System in der Cloud. 2012 gingen wir in New York an die Börse, 2016 wurde das Unternehmen für 2,7 Milliarden Dollar von Salesforce übernommen. Seit 2015 setze ich meine Erfahrungen bei NewStore ein, um stationären und Onlinehandel auf einer Plattform zu vereinen.
Redaktion: Michael Kroker
Fotos: Privat (2), Laif/Jesco Denzel
Grafik & Layout: Marcel Stahn & Sebastian Feltgen

Ulrich
Dietz

Die anderen sind auch nicht klüger, also ran an den Speck!
Ulrich Dietz
Gründer von GFT und Bitkom-Vizepräsident
Leidige Schulzeit
Weil ich 1000 andere Interessen im Kopf hatte, war ich ein grottenschlechter Schüler und musste eine Odyssee durch drei Gymnasien machen. Aber ich hatte zeichnen gelernt, gründete 1975 meine erste Firma und verdiente mit 17 mein erstes Geld: Mit 3-D-Perspektivzeichnungen von technischen Teilen – von mir und Klassenkameraden. Nach einer Maschinenbauer-Lehre studierte ich dann und wurde Diplomingenieur.
Harter Aufbau
Mein Uni-Professor Michael Schönemann und ich gründeten 1987 in St. Georgen im Schwarzwald GFT Technologies, einen IT-Dienstleister. Zwei Jahre später übernahm ich alle Firmenanteile, er nahm dafür leider unsere Sekretärin mit. GFT hat sich von Anfang an selbst finanziert: „Sparen und Investieren“ war das Motto. Alles, was ich hatte, steckte ich ins Unternehmen. Mit dabei: meine Frau Maria. Sie musste sogar auf die Hochzeitsreise verzichten für die Firma.
Gute Wende
1992 war fast Schluss, weil wir nicht genügend Umsätze hatten. Aber wir sagten uns: Einfach weitermachen, irgendwann wird es besser werden – und es wurde besser. Ein Großauftrag der Deutschen Post war der Wendepunkt, von da an ging es aufwärts: 1999 kam der Börsengang. Heute hat GFT 5000 Mitarbeiter in elf Ländern und 430 Millionen Euro Umsatz. Seit zwei Jahren bin ich Verwaltungsratschef, und der CEO ist Marika Lulay.
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: Privat (2), Laif/Hannes Jung
Grafik & Layout: Marcel Stahn

Andrea
Henkel

Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.
Andrea Henkel
Biathlon-Olympiasiegerin und Investorin
Der Sport
Meine Schwester Manuela (links) war Langläuferin, ihre Medaillen hingen über ihrem Bett. Das weckte meinen Ehrgeiz. Mit 13 schaffte ich es auf dasselbe Sportgymnasium in Oberhof, kurz zuvor war Biathlon für Frauen olympisch geworden. Mit 16 gewann ich meine erste internationale Medaille bei der Junioren-Weltmeisterschaft in der Slowakei.
Die Erfolge
Bei meinen ersten Olympischen Spielen 2002 in Salt Lake City habe ich zwei Mal Gold gewonnen. Doch auf meinen Freudentaumel folgten viele Misserfolge. Ich hatte eine Bronchitis nach der anderen, außerdem gönnte ich mir zu wenig Regeneration. Nach zwei Jahren ließ ich mir die Mandeln rausnehmen, trainierte hart und achtete auf Pausen. 2005 gewann ich noch einmal Einzel-Gold bei der WM.
Der Neustart
2014 habe ich meine Sportkarriere beendet. Und startete in meiner neuen Heimat Lake Placid als Personal Trainerin. Als Ausdauerspezialistin nutze ich ein Atemanalyse-System, um Training und Ernährung abzustimmen. Deshalb bin ich seit diesem Jahr als Investorin bei Aeroscan engagiert, dem Hersteller dieser Geräte, einem Berliner Start-up. Unsere gemeinsame Mission: die Expansion in die USA.
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: Privat (2), PR
Grafik & Layout: Marcel Stahn & Sebastian Feltgen

Alfred
Biolek

Die Zeit heilt alle Wunden. Aus Napoleon ist ja mittlerweile auch ein Cognac geworden
Alfred Biolek
Moderatorenlegende
Zirkusdirektor
Als Kind wollte ich Zirkusdirektor werden und erfand mit meinen Brüdern und Freunden einen Zirkus mit Artistik, Clownerie und Tieren. Vor richtigem Publikum trat ich 1957 mit meiner Kabarettgruppe „Das Trojanische Pferdchen“ in Freiburg auf. Auslöser war ein Studienfreund. Er fand, ich trüge perfekt vor.
Jurist
Nach dem Jurastudium startete ich 1963 in der ZDF-Rechtsabteilung, wo man mein Unterhaltungstalent erkannte und mich für „Tipps für Autofahrer“ zum Moderator beförderte. In Formaten wie „Bio’s Bahnhof“ konnte ich Stars wie Sammy Davis Jr. oder Ella Fitzgerald erstmals im deutschen Fernsehen begrüßen.
Showmaster
Meine Kochshow „Alfredissimo“, die ab 1994 13 Jahre lang im WDR lief, begründete ein neues Genre der Fernsehunterhaltung. Mit Boxer Henry Maske kochte ich Kohlrabi-Eintopf, von Nana Mouskouris Tiropitas mit Blattspinat und Feta-Käse schwärme ich heute noch. Zu runden Geburtstagen schicken wir uns seitdem gegenseitig weiße Rosen.
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: Privat, Imago, Picture-Alliance/dpa (2)
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn

Katarina
Barley

Mein Rat: Habe Mut! Sei angstfrei! Respekt vor Herausforderungen ist wichtig – aber dann sollte man das Risiko wählen. Es lohnt sich
Katarina Barley
Bundesjustizministerin und SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl
Ach, Kölle
Diese Aufnahme müsste von 1970 sein. Das Bild ist typisch und untypisch zugleich. Sieht ja so aus, als sei ich ein Puppen- und Teddymädchen gewesen. Stimmt aber gar nicht. Ich war eigentlich immer draußen, in Bewegung, unterwegs. Was aber wieder passt: Nah am Rhein bin ich groß geworden, dort ist meine Heimat. Damals, als Kind, konnte man die Motoren der Lastschiffe auf dem Fluss nachts noch richtig tuckern hören.
Oh, Paris
Den Mauerfall habe ich 1989 als Erasmus-Studentin an der Seine erlebt. Was ich von dort wieder mit zurückgebracht habe, ist ein Gefühl dafür, dass es nicht nur einen deutschen Weg zum Ziel gibt. Es gibt nicht mal nur das eine Ziel. Noch heute ignoriere ich deshalb gerne die belehrenden Stichworte auf den Sprechzetteln, die mir im Ministerium manchmal für Treffen mit ausländischen Kollegen aufgeschrieben werden.
Hey Brüssel
Weil ich eine tolle und beeindruckende Grundschullehrerin hatte, wollte ich zuerst Lehrerin werden, später Ärztin wie meine Mutter oder Journalist wie mein Vater. Dann kam etwas dazwischen, das man Leben nennt. Ich wurde Juristin und entdeckte die Politik. Und nun lasse ich Berlin hinter mir und gehe nach Brüssel. Eine Karriere? Vielleicht. Aber ich sage lieber: eine glückliche Verkettung von Chancen.
Redaktion: Max Haerder
Fotos: Privat (2), Getty Images/iStock
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn & Sebastian Feltgen
Produziert mit Storyflow

Achim 
Berg

Ich mag das englische Sprichwort ‚Walk the Talk‘, also: Lass deinen Worten Taten folgen. Erwarte nicht, dass andere etwas tun, wenn du nicht selbst vorangehst.
Achim Berg
Bitkom-Präsident und Finanzinvestor
Die Prägung
Ich bin als mittlerer von drei Brüdern in einem kleinen Ort im Bergischen Land groß geworden. Dort konnte ich (links) schon früh meinem Hobby, dem Motorradfahren, frönen. Andererseits mussten wir uns an klare Familienregeln halten. Meine Erkenntnis: Tu immer etwas mehr als erforderlich, das verbessert deine Position.
Der Macher
Ein befreundeter Arzt riet mir vom Medizinstudium ab und empfahl Informatik, wegen der flexibleren Karrierechancen. Das war sicher keine falsche Entscheidung, auch wenn mein Werdegang nicht linear verlief. Aber ob bei Bull (Foto), der Deutschen Telekom oder Microsoft – ich habe prinzipiell nur Jobs angenommen, wenn ich die Aufgabe spannend fand. Und bin erst gewechselt, wenn ich nachhaltige Erfolge vorweisen konnte.
Der Motivator
Bei Microsoft habe ich eng mit Steve Ballmer zusammengearbeitet. Er war mit seinem Elan und seiner Passion sicher etwas speziell, aber auch prägend. Sich fokussieren, Prioritäten setzen, aber gleichzeitig delegieren – das mag ich ebenfalls. Deshalb arbeite ich gerne mit starken Leuten. Die sind für einen Chef nicht gefährlich. Eher die ohne Meinung und Rückgrat.
Redaktion: Thomas Kuhn
Fotos: Privat (2), Imago, PR
Grafik & Layout: Marcel Stahn & Sara-Verena Adamsky

William
Verpoorten

Du musst brennen, um andere anzuzünden!
William Verpoorten
Eierlikörproduzent
Aufschlag
1971. Ich war 15. Und arbeitete zum ersten Mal in unserem Familienunternehmen. Abteilung Eieraufschlag. Acht Mark pro Stunde. Anders gesagt: Ich wuchtete 14 Kilo schwere Kartons, um mein Mofa zu finanzieren. Und sollte lernen, wie schwer es ist, sein eigenes Geld zu verdienen. Meine Eltern wollten herausfinden: Tauge ich als Ältester von vier Geschwistern für die Nachfolge?
Schiffsjunge
1978. Bei der Marine lernte ich, Gegebenheiten zu akzeptieren, mich mit Menschen zu arrangieren. Selbst auf engstem Raum und unter widrigen hygienischen Umständen. Bei der Einschiffung galt es, schnell zu sein, um nicht die Koje in einer versifften Ecke oder einen kaputten Spind abzubekommen. Auch lernte ich: Ich finde es angenehmer, zu putzen als für 70 Mann Kartoffeln zu schälen.
Kapitän
1982. Der Einstieg in die Firma. In den ersten acht Jahren arbeitete ich an der Seite meines Vaters, im selben Zimmer. Elf Jahre später wurde ich alleiniger Geschäftsführer. Bis heute kann ich in keinen Supermarkt gehen, ohne die Produkte im Regal zu kontrollieren. Das Geschäft läuft stabil. Auch mit jungen Kunden. Die Bloggerszene versorgt uns ständig mit neuen Eierlikörrezepten.
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: Laif, Privat
Grafik & Layout: Marcel Stahn & Sebastian Feltgen

Meinhard
von Gerkan

Über Hürden und Hindernisse habe ich nie nachgedacht. Meine Konzentration galt immer dem Wesentlichen – dem guten Entwurf.
Meinhard von Gerkan
Architekt und Gründungspartner des Büros gmp
Prägendes
Auf diesem Bild bin ich zwei Jahre alt. Es entstand in Riga, wo ich 1935 zur Welt kam. Ich bin Baltendeutscher mit Weltkriegsbiografie: 1943 fiel mein Vater an der Ostfront, kurz nach Kriegsende starb meine Mutter an Diabetes. Als Vollwaise wuchs ich bei Pflegeeltern in Niedersachsen auf. In diesen bewegten Zeiten musste ich schon als Zehnjähriger lernen, mich allein durchzuschlagen. Eine Zeit lang handelte ich mit Lollis, die ich günstig einkaufte und mit beträchtlichem Gewinn wieder verkaufte.
Gründerjahre
Die Brille zum Abheben: Diese Pappkameraden haben wir als Eintrittskarten zur Halbzeitfeier der Bauarbeiten zum Flughafen Tegel im Jahr 1972 verschickt. Von links sieht man Klaus Nickels, meinen Büropartner Volkwin Marg und mich. Dass wir als frisch diplomierte Architekten den Wettbewerb gewonnen und den Auftrag für diesen Flughafen erhalten haben, obgleich wir noch nicht einmal die Garage eines Privathauses geplant hatten, ist im Nachhinein ein Wunder.
Unruhestand
1999 starteten wir in China durch. Ich war damals 64. Ein Alter, in dem andere vielleicht an den Ruhestand denken. Ein Graus! Warum eine willkürliche Grenze ziehen? Meine grauen Haare sind in China Ausdruck von Autorität. Das Land hält mich jung, weil Projekte hier im Zeitraffertempo entstehen, was mir regelmäßig Adrenalinstöße versetzt. Wir haben nicht nur 137 Projekte in China realisiert, ich habe mit Lingang auch eine ganze Stadt geplant, in der bereits jetzt 650.000 Menschen leben.
Redaktion: Christopher Schwarz
Fotos: Privat
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn & Sebastian Feltgen
Produziert mit Storyflow
Simone Menne, Rudolf Wöhrl oder Thomas Sattelberger: Entdecken Sie weitere Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft.

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