Helden des Mittelstands 2020

Mal entwickeln sich Umsätze anders als geplant, die IT-Probleme sind größer als erwartet oder Fachkräfte Mangelware. Wir porträtieren jede Woche einen Mittelständler, der eine Herausforderung kreativ, mutig und klug gemeistert hat.

Thomas Milewski
Geschäftsführer des Elektrospezialisten SBRS
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 129:

Thomas Milewski

Geschäftsführer des Elektrospezialisten SBRS

Das Problem
Die Schaltbau-Tochter Pintsch Bamag musste sich fokussieren – ein Produktpotpourri aus Eisenbahntrafos, Seezeichen und Blaulicht war zu unrentabel.
Die Lösung
Thomas Milewski erkennt, dass die Trafos, die Pintsch Bamag in Züge einbaut, für Elektrobusse im Nahverkehr genutzt werden können. In den Zügen sollen die Trafos unterwegs Strom generieren. Für den Busverkehr baute man sie so um, dass sie fest vor Ort in Nachtladedepots montiert und mit ihrer Hilfe Busse aufgeladen werden können. Konzernmutter Schaltbau gründet dazu die Tochter SBRS, die so schnell entscheiden soll wie ein Start-up.
Die Umsetzung
Die SBRS verkauft Projekte, Lösungen sollen möglichst an örtliche Bedürfnisse angepasst werden. Für Städte mit großen Distanzen baut sie neben Nachtladedepots auch Schnellladestationen. Osnabrück gibt 2017 den ersten Auftrag. Seitdem kauften fast 30 Städte Systeme – darunter Venedig und Brüssel. Das Geschäft verdreifachte sich, auch dank einer EU-Verordnung, nach der bis 2025 zwei Drittel aller Busse schadstoffarm sein sollen.
300
Prozent mehr Umsatz als im Jahr 2017 macht die SRBS heute. Die Zahl der Mitarbeiter stockte sie im selben Zeitraum von 44 auf 100 auf.
Text: Nele Husmann
Foto: PR/Ralf Lutzig
Christina Diem-Puello
Geschäftsführerin der DD Deutsche Dienstrad GmbH
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 128:

Christina Diem-Puello

Geschäftsführerin der DD Deutsche Dienstrad GmbH

Das Problem
Diem-Puello will sich als Vermittlerin von Dienstfahrrädern, die Unternehmen leasen können, selbstständig machen. Dazu braucht sie eine passende Software.
Die Lösung
Bislang gab es kein Programm, das wie ein Marktplatz Radhersteller, Händler, Firmen und deren Mitarbeiter anbindet – und die Auswahl des Rads oder das Leasing komplett digital ermöglicht. Gemeinsam mit ihrem Mann und Fahrradherstellern – darunter ihr Exarbeitgeber Pexco – entwickelt sie eine solche Plattform. Das ist das Herzstück ihres neuen Unternehmens, der Deutschen Dienstrad, einer Pexco-Ausgründung.
Die Umsetzung
Im Frühjahr legte das Unternehmen los. „Wegen unseres Programms muss keiner unserer Mitarbeiter mehr Papier anfassen, damit ein Vertrag zustande kommt“, sagt Diem-Puello. Mittlerweile zählt sie mehr als 1500 Kunden, die mehr als 100.000 Mitarbeiter haben. In der Coronakrise sind zuletzt einige Firmen hinzugekommen: Damit deren Angestellte nicht Bus und Bahn nehmen müssen, haben sie ganze Radflotten angeschafft.
40
Mitarbeiter beschäftigt der Dienstradspezialist aus Schweinfurt inzwischen, im Frühjahr waren es nicht einmal 20. Bald sollen es mehr als 50 sein.
Text: Lukas Zdrzalek
Foto: PR
Nathalia Rašek-Abach
Geschäftsführerin des Messspezialisten EMCC
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 127:

Nathalia Rašek-Abach

Geschäftsführerin des Messspezialisten EMCC

Das Problem
Produkte mit komplexer Technik sind anfällig für elektromagnetische Störungen wie etwa Blitzeinschlag. Die Gefahrenanalyse benötigt Unmengen an Daten.
Die Lösung
Bislang projizierte EMCC die Folgen von Blitzschlägen oder Störungen durch elektronische
Geräte vergleichsweise analog – per Taschenrechner und Excel-Tabelle. Mit Fördergeldern aus Bayern digitalisierte EMCC den Vorgang mit einem Hochleistungsrechner und 3-D-Simulation. Das Team simuliert elektromagnetische Störungen nun schon in der Entwicklungsphase von Produkten. Tests an realen Prototypen sind unnötig.
Die Umsetzung
Zunächst kommt das neue Verfahren in der Luft- und Raumfahrt sowie bei militärischer
Ausrüstung zum Einsatz. Auftraggeber sind etwa Flugzeugbauer wie Airbus und Embraer. Anschließend will EMCC Hersteller von Windrädern, Solaranlagen und Autos von der Prognosegenauigkeit der 3-D-Simulation überzeugen. Die Hersteller können so schon im Produktdesign Verbesserungen durchführen – dadurch sparen sie Zeit und Kosten.
80
Menschen arbeiten für EMCC in Oberfranken, einem der Weltmarktführer bei Prüflaboren. Umsatz pro Jahr: ein mittlerer einstelliger Millionenbetrag
Text: Karin Finkenzeller
Foto: PR/Christoph Maderer
Laura und  Maren Grondey
Geschäftsführende Gesellschafterinnen Siemer Verpackung
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 126:

Laura und Maren Grondey

Geschäftsführende Gesellschafterinnen Siemer Verpackung

Das Problem
Der Verpackungsmarkt konsolidiert sich. Wer als Mittelständler Erfolg haben will, muss sich spezialisieren und eine Nische besetzen. Doch wo ist die?
Die Lösung
Als die Schwestern Laura und Maren Grondey die Siemer Verpackung aus Ronnenberg bei Hannover von ihrer Mutter übernehmen, richten sie das Unternehmen ganz auf Nachhaltigkeit aus. Sie beziehen Ökostrom, verwenden besonders nachhaltig produzierte Pappe als Vorprodukt und nutzen in ihrer Produktion Wärme­rückgewinnung. Selbst die Außenanlagen der Firma sind besonders insektenfreundlich bepflanzt und beleuchtet.
Die Umsetzung
Nach einem verhaltenen Start findet das Unternehmen vor allem durch Mundpropaganda
immer mehr Kunden, die Wert auf besonders nachhaltige Verpackungen legen. Obwohl die Schwestern unter der Marke „Junge Schachteln“ fast keinen aktiven Vertrieb haben, wuchs 2019 die Zahl ihrer Kunden um knapp ein Viertel und der Umsatz um 17 Prozent. Darum rechnet Siemer trotz Corona auch 2020 mit einem Gewinn.
5
Millionen Euro Umsatz schaffte Siemer Verpackung im vergangenen Jahr – zwei Millionen mehr als im Jahr 2006 vor der Umstellung auf Nachhaltigkeit.
Text: Rüdiger Kiani-Kress
Foto: PR
Antonius Link, Fritz Frey, Vincent Müller
Gründer HYGH
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 125:

Antonius Link, Fritz Frey, Vincent Müller

Gründer HYGH

Das Problem
Drei Gründer eines Fintechs für Kryptowährungen wollten Außenwerbung machen. Doch wichtige Anbieter wie Ströer oder Wall wimmelten sie ab.
Die Lösung
Für das zur Verfügung stehende Budget habe keiner der großen Anbieter mit der Firma reden wollen, erinnert sich Fritz Frey. Kurzerhand gründete er mit Antonius Link und Vincent Müller eine eigene Firma: HYGH, ein Marktplatz für Werbeflächen, bei dem Kunden jeder Größe und mit jedem Budget zielgerichtet, günstig und schnell Out-of-Home-Werbung buchen können – eine Art „Airbnb für die digitale Außenwerbung“.
Die Umsetzung
Jeder, der einen öffentlichen Bildschirm hat, kann diesen anbieten. Zusätzlich stellt HYGH in Kooperation mit Samsung eigene Monitore auf. Kunden seien laut Frey Unternehmen wie die Internetbank N26, die Berliner Polizei und der Brausehersteller Fritz Kola. HYGH hat bisher rund 100 Werbepartner, die zwischen wenigen Euro und 100.000 Euro Umsatz bringen. 100 Minuten Spielzeit auf einem Display sind ab vier Euro buchbar.
300
Bildschirme hat HYGH in Kooperation mit Samsung in Berliner Spätis, Restaurants oder auf Einkaufsstraßen aufgestellt. Bis Jahresende sollen es 500 werden.
Text: Mario Brück
Foto: PR
Herna Munoz-Galeano
Gründerin und Chefin der HMG Systems Engineering GmbH
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 124:

Herna Munoz-Galeano

Gründerin und Chefin der HM Systems Engineering GmbH

Das Problem
Arzneien wirken unterschiedlich und oft unvorhersehbar mit anderen Medikamenten zusammen. Die Dosierung für Patienten ist nur selten optimal.
Die Lösung
Die studierte Elektrotechnikerin und Informatikerin Herna Munoz-Galeano entwickelt eine App für Ärzte. Die Mediziner sollen mithilfe von „PGXperts“ rasch herausfinden, ob Medikamente bei Patienten zu Komplikationen führen können. Dafür scannen die Ärzte den Barcode eines Mittels und den Medikationsplan. Die App klärt über mögliche Nebenwirkungen auf und gibt den Medizinern Hinweise, ob ein Gentest für den Patienten sinnvoll sein kann.
Die Umsetzung
Eine jährliche „PGXperts“-Lizenz kostet 450 Euro. Seit dem Start der App 2018 hat Munoz-Galeano mehr als 1000 Ärzte im deutschsprachigen Raum überzeugt und als Kunden gewonnen. Derzeit arbeitet die Gründerin daran, dass ihre Entwicklung als Medizinprodukt nach der neuen EU-Verordnung „Medical Device Regulation“ zugelassen wird. Bei den Gentests kooperiert Munoz-Galeano mit der Uniklinik in Bonn.
49
Arbeitsplätze hat Munoz-Galeano in ihrem 2014 in Fürth gegründeten Unternehmen geschaffen.
Text: Stephan Knieps
Foto: PR/Ricarda Hager
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Jean van de Moosdijk
Inhaber Fiori Blumenstylisten
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 123:

Jean van de Moosdijk

Inhaber Fiori Blumenstylisten

Das Problem
Weil Messen und Hochzeiten wegen Corona ausfallen und Hotels in der Krise stecken, fehlen dem Düsseldorfer Blumenunternehmer Aufträge und Erlöse.
Die Lösung
Van de Moosdijk steuert um und bietet verstärkt andere Services an. So stattet Fiori etwa die Außenbereiche von Restaurants und Lokalen mit Pflanzen und Holzdielen aus und stellt Schutzwände her. Statt um Messen kümmert er sich um Großraumdekorationen in Einkaufszentren. Daneben legt Fiori auch mithilfe von Subunternehmen vermehrt private Gärten an und bietet seinen Kunden etwa ein Abonnement für Olivenbäume an.
Die Umsetzung
Die Coronazeit nutzt der Fiori-Chef, um seinen Onlineauftritt ganz neu zu gestalten sowie Social-Media-Aktivitäten, etwa bei Instagram, und einen eigenen Onlineshop zu starten. Der neue Newsletter für Stammkunden geht mittlerweile an rund 1000 Adressen. Im November eröffnet er zudem im Zentrum der NRW-Landeshauptstadt zwei Fiori-Filialen: „Ich möchte ein positives Signal für den Einzelhandel setzen.“
15
festangestellte Mitarbeiter beschäftigt der gebürtige Holländer van de Moosdijk, darunter Floristen, Gärtner und Auslieferfahrer.
Text: Peter Steinkirchner
Foto: PR
Josef Ramthun
Geschäftsführer Franken Guss und Sachsen Guss
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 122:

Josef Ramthun

Geschäftsführer Franken Guss und Sachsen Guss

Das Problem
Gießereien sind abhängig von Aufträgen der Auto- und Luftfahrtindustrie. Die Coronakrise drückt das Geschäft langfristig um 25 bis 30 Prozent.
Die Lösung
Der aus Westfalen stammende Geschäftsführer wirft ein Credo über Bord: sich auf Kernkompetenzen zu konzentrieren. Das habe keine Zukunft. Zumal die Auftraggeber die Preise immer weiter drücken. Eisen und Aluminium kann man in viele Formen gießen, denkt Ramthun, stellt zusätzlich zu den acht Key Account Managern vier branchenfremde ein sowie einen Beauftragten für Marktdifferenzierung. Sie sollen völlig neue Kunden gewinnen.
Die Umsetzung
Brainstorming heißt in Kitzingen und Chemnitz Zauselrunden. Denkverbote gibt es nicht. Kann, wer Füße für Flugzeugsitze fertigt, nicht auch Zahnarztstühlen Beine machen? Ähnelt eine Glockennabe nicht einem Fressnapf? Die Vertriebler schwärmen aus zu Viehzüchtern und Praxen, auch in die Bauindustrie und zu Fahrradherstellern. Erste Aufträge sind bereits da. Demnächst geht ein eigener Shop online: für Kochutensilien.
240
Millionen Euro Umsatz erzielten die beiden Unternehmen mit Sitz in Kitzingen und Chemnitz im vergangenen Jahr. Sie beschäftigen rund 1350 Menschen.
Text: Karin Finkenzeller
Foto: PR
Sascha und Burghard Bannier
Inhaber Flair Hotel Deutsches Haus Arendsee
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 121:

Sascha (r.) und Burghard Bannier

Inhaber Flair Hotel Deutsches Haus Arendsee

Das Problem
Das beliebte Restaurant des Hotels in Sachsen-Anhalt ist kaum rentabel. In der Küche herrschte vor der Coronakrise Dauerstress, Personal war schwer zu finden.
Die Lösung
Eine TV-Doku bringt Juniorchef Sascha, 36, auf die Idee, vom traditionellen Kochkonzept mit Töpfen, Pfannen, Fritteuse auf digitalisierte Multifunktions-Kochgeräte umzustellen. Vater Burghard, 64, ist dagegen. Im Februar 2020 aber wird umgebaut. Der Duisburger Berater Mise en place Gastro Solutions liefert die individuell konfigurierten Geräte und schult das Bannier-Team. Dann: Coronaschließung. Mitte Mai endlich: der Praxistest.
Die Umsetzung
Bannier senior ist bekehrt: „Das Zauberwerk“ senkt den Fettverbrauch von 600 Litern im Monat auf 60, den Lebensmittelmüll um zwei Drittel, den Stromverbrauch um ein Fünftel. Statt zehn Mitarbeitern arbeiten in der Küche sechs – ohne Hektik. Die Hightechöfen mit acht Etagen liefern immer gleiche Qualität. Spezielle Kühlmöbel halten die Lebensmittel länger frisch. Die Gäste sind zufrieden und warten halb so lang auf ihr Essen.
25
Prozent der 650.000 Euro, die Umbau und Küche kosteten, schoss die Investitionsbank Sachsen-Anhalt zu. In drei Jahren soll sich die Investition amortisiert haben.
Text: Harald Schumacher
Foto: PR
Tim Gemünden
Geschäftsführender Gesellschafter Karl Gemünden
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 120:

Tim Gemünden

Geschäftsführender Gesellschafter Karl Gemünden

Das Problem
Das Sekretariat der Baufirma mit ihren 350 Mitarbeitern muss täglich Hunderte Schreiben verarbeiten und weiterleiten – vor allem Mails. Das kostet viel Zeit.
Die Lösung
Eine künstliche Intelligenz (KI) übernimmt die Aufgabe. „Wir arbeiten auf 200 Baustellen pro Jahr“, sagt Tim Gemünden, „und erhalten eine Fülle unterschiedlicher Schreiben wie Auftragsbestätigungen und Abnahmeprotokolle.“ Bislang mussten die Mitarbeiter überlegen, welches Schreiben welcher Baustelle zuzuweisen ist, es der korrekten Bauphase zuordnen und dem passenden Mitarbeiter übermitteln – ob Polier oder Hausjurist.
Die Umsetzung
Gemünden hat zusammen mit der KI-Agentur DDG und dem IT-Dienstleister 4Sale eine KI entwickelt, die die Schreiben auf der Basis von Schlagwörtern und Namen sortiert. „Die Mitarbeiter überprüfen die Auswahl der KI und helfen ihr dabei, noch besser zu werden“, sagt Gemünden, „während sie selbst mehr Zeit für andere Dinge haben.“ Eine feine Geschäftsidee: Gemünden, DDG und 4Sale wollen das Programm ab Januar verkaufen.
80
Prozent der Schreiben, vor allem E-Mails, ordnet die künstliche Intelligenz der richtigen Baustelle und der passenden Bauphase zu. Tendenz steigend.
Text: Lukas Zdrzalek
Foto: Marcus Steinbrücker/PR
Larissa Zeichhardt
Co-Geschäftsführerin LAT Gruppe
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 119:

Larissa Zeichhardt

Co-Geschäftsführerin LAT Gruppe

Das Problem
Die Videoüberwachung in U-Bahnen, Bussen und Straßenbahnen könnte für bessere Verkehrssteuerung genutzt werden. Doch der Datenschutz erlaubt das nicht.
Die Lösung
Larissa Zeichhardt, Co-Chefin des Bahn-Infrastrukturunternehmens LAT Gruppe aus Berlin, fand einen Weg, die Videoströme zu nutzen und den Datenschutz zu wahren. „Wir anonymisieren die Bilder, sodass individuelle Merkmale wie Gesichter ersetzt werden, Emotionsmerkmale aber erhalten bleiben“, sagt Zeichhardt. Durch das anonymisierte Videomaterial kann etwa die Auslastung von Waggons automatisch erkannt werden.
Die Umsetzung
Im vergangenen Jahr tat sich das Familienunternehmen mit dem Berliner Start-up Brighter AI zusammen. Mittlerweile wird die Software etwa von den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) getestet. Auf der U-Bahn-Linie 55 weisen Anzeigen in den Stationen darauf hin, in welchen Waggons noch Platz ist. Zudem könnten die anonymisierten Daten in eine App für Rollstuhlfahrer fließen, die damit einfacher das Abteil wählen können.
7
Trillionen Bytes Videodaten pro Stunde werden 2022 von Fahrzeugen und öffentlichen Kameras übertragen. Die LAT-Gruppe anonymisiert und nutzt diese Daten.
Text: Andreas Macho
Foto: PR/Benjamin Pritzkuleit
Jacqueline Yildirim
Gründerin von Spotsize
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 118:

Jacqueline Yildirim

Gründerin von Spotsize

Das Problem
Yildirim will sich mit einem Onlinehandel für bequeme Damenschuhe selbstständig
machen. Doch die Retourenquote ist zu hoch, die Finanzierung geht nicht auf.
Die Lösung
Die ehemalige SAP-Mitarbeiterin entwickelt eine Software, mit deren Hilfe Kundinnen ihre Füße mit der Smartphone-Kamera vermessen können. Spotsize erstellt so ein digitales Modell des Fußes. Onlinehändler für Mode können diese Daten mit den Produktionsdaten der online verkauften Schuhe verbinden – und Kunden so die richtige Größe empfehlen. Das soll die Zahl der Retouren reduzieren und Verpackung sowie Transportwege und CO2-Emissionen sparen.
Die Umsetzung
Yildirim sucht Hilfe bei ihrem alten Arbeitgeber SAP, bei dem sie einst als Programmiererin anfing. Dort kommt sie in ein Start-up-Programm. Das gibt ihr etwa die richtige Infrastruktur und Zugang zur Cloud des Konzerns. Es hilft außerdem, um Kontakt zu den richtigen Investoren zu finden. Heute ist die Software fertig. Schon bald sollen die ersten Onlineshops die Service-App in ihr Angebot integrieren.
1
Million Euro haben Investoren seit Herbst 2018 in das Unternehmen investiert, um die App entwickeln zu können.
Text: Annina Reimann
Foto: PR
Heino Hövelmann
Geschäftsführer Rheinfelsquellen H. Hövelmann
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 117:

Heino Hövelmann

Geschäftsführer Rheinfelsquellen H. Hövelmann

Das Problem
Das Unternehmen füllt jährlich 700 Millionen Liter alkoholfreie Getränke ab. Das verbraucht viel Strom und ist teuer. Die Energiekosten sollen sinken.
Die Lösung
Das Familienunternehmen baut ein eigenes Blockheizkraftwerk und nutzt gleichzeitig Abwärme. So kann es einen großen Teil des benötigten Stroms selbst produzieren. Die Energiekosten sinken so jährlich um 500 000 Euro. Durch den Bau eines neuen Hochregallagers kann das Unternehmen seine Produkte außerdem fast komplett automatisch lagern und verladen. Es braucht weniger Gabelstapler und spart damit Treibstoff.
Die Umsetzung
Das Hochregallager bietet Platz für 52 000 Paletten, die Staplerflotte reduziert sich dadurch um mehr als die Hälfte. Das Unternehmen spart damit jährlich 300 000 Liter Diesel. Dank eines hohen Wirkungsgrads des Kraftwerks stammen 40 Prozent des Stroms aus eigener Produktion. Im kommenden Jahr will Hövelmann ein zweites Blockheizkraftwerk mit eigener Kälteerzeugung errichten. Damit soll die Quote auf 65 Prozent steigen.
200
Millionen Euro Umsatz erzielte die Getränkegruppe Hövelmann aus Duisburg im vergangenen Jahr mit rund 680 Mitarbeitern.
Text: Angela Hennersdorf
Foto: PR/Carsten Paul
Hans-Jürgen und Wolfgang Büscher
Geschäftsführer Betonwerke Büscher
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 116:

Hans-Jürgen und Wolfgang Büscher

Geschäftsführer Betonwerke Büscher

Das Problem
Die Grundstoffe Sand und Kies werden knapp, gleichzeitig fällt mehr Bauschutt an. Kunden wollen umweltfreundliche Produkte. Dafür fehlen Verfahren.
Die Lösung
Die Brüder Hans-Jürgen und Wolfgang Büscher entwickeln in ihren Betonwerken in Heek im Münsterland mit ihren Mitarbeitern neue Verfahren. Mit deren Hilfe können sie Kies und Sand bei der Herstellung von Wandelementen bis zu 100 Prozent durch Recyclingmaterial ersetzen. Die Ausgangsmaterialien für diese neuen Betonfertigteile liefert der zuvor von ihrem Containerdienst gesammelte Bauschutt.
Die Umsetzung
Tests zeigen: Die Recyclingelemente sind herkömmlichen Betonteilen ebenbürtig. Um mehr maßgeschneiderte Lösungen zu bieten, verfeinert Büscher die Fertigung um automatisierte und umweltfreundlichere Verfahren. Damit kann das Unternehmen die Produktion erweitern und neue Kunden gewinnen. Der Umsatz steigt in den vergangenen Jahren insgesamt um 30 Prozent, ebenso die Zahl der Beschäftigten auf derzeit 60 Mitarbeiter.
200
Tonnen Baumaterial lassen sich im Schnitt aus einem abgerissenen Einfamilienhaus wiederverwerten.
Text: Rüdiger Kiani-Kress
Foto: PR
Matthias Hofmann
Geschäftsführer Hofmann Lowcarb Food
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 115:

Matthias Hofmann

Geschäftsführer Hofmann Lowcarb Food

Das Problem
Handelsdiscounter stellen Backautomaten auf und machen klassischen Bäckereien zunehmend Konkurrenz. Um zu bestehen, brauchen die Bäcker neue Ideen.
Die Lösung
Bäckermeister Matthias Hofmann verkaufte 2017 seine zehn Bäckereien im Hohenlohekreis (Baden-Württemberg) und setzt stattdessen ausschließlich auf kohlenhydratreduzierte Brote und Snacks. In bundesweit über 800 Verkaufsstellen sind
die Lowcarb-Produkte gelistet – etwa bei Kaufland, Rewe und Edeka sowie in Bio- und
Naturkostläden. Der Umsatz, so Hofmann, verdoppelt sich jedes Jahr. Von welchem Niveau aus, sagt er nicht.
Die Umsetzung
Hofmann und seine Frau Alexandra investierten eine halbe Million Euro, um die Produktion umzustellen. Statt Getreidemehl kommen nun etwa Sonnenblumenkerne und Leinsaat zum Einsatz. Gemeinsam mit dem Mentalcoach Thomas Baschab kreierten sie neue Rezepte für Brote und Snacks für ernährungs­bewusste Menschen. Unter dem Markennamen Panifactum schufen sie ihre eigene Website und einen Onlineshop.
80
Prozent weniger Kohlenhydrate als herkömmliche Produkte enthalten die Brote und Snacks von Panifactum.
Text: Jürgen Salz
Foto: PR
Wolfgang Oehm
Geschäftsführender Gesellschafter
Oni-Wärmetrafo GmbH
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 114:

Wolfgang Oehm

Geschäftsführender Gesellschafter Oni-Wärmetrafo GmbH

Das Problem
Kühlwasser in Spritzgussanlagen verschmutzt mit der Zeit. Das mindert die Leistung und erhöht die Wartungskosten. Die erhältlichen Filter sind teuer.
Die Lösung
Das Familienunternehmen Oni-Wärmetrafo aus dem oberbergischen Lindlar, östlich von Köln, entwickelt ein eigenes, neuartiges Filterverfahren: Das mit Algen, Pilzen und Bakterien verschmutzte Kühlwasser wird in einem Kleinreaktor mit Ozon in Verbindung gebracht, was dem biologischen Leben im Wasser die Grundlage entzieht. Anschließend werden die Bakterien und Korrosionspartikel im Wasser mittels Ultrafiltration entfernt.
Die Umsetzung
Seit Anfang 2019 ist der sogenannte Oni-Aquaclean im Einsatz, zunächst nur in Onis eigenen Wärmerückgewinnungs-, Kühl- und Lüftungsanlagen. Mittlerweile haben mehr als 100 Unternehmen einen Kleinreaktor für ihre Produktionsanlagen gekauft (Stückpreis: 27 000 Euro). Abnehmer sind Kunststoff- und Metallverarbeiter, Autozulieferer und Medizintechniker. Manche Kunden schickten Wolfgang Oehm Dankesschreiben.
80
Millionen Euro setzt Oni-Wärmetrafo im Jahr um. Das Familienunternehmen beschäftigt 480 Mitarbeiter.
Text: Stephan Knieps
Foto: PR
Anna Weber,
Jan Weischer
Geschäftsführer BabyOne
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 113:

Anna Weber, Jan Weischer

Geschäftsführer BabyOne

Das Problem
Der Baby-Fachmarkt musste wegen Corona seine Filialen schließen – dabei haben werdende Eltern besonders viele Fragen. Wie lässt sich da Beratung organisieren?
Die Lösung
Das Familienunternehmen aus Münster, dessen Spitze zwei der vier Gründerkinder am Jahresende komplett übernehmen, verlegte die Beratung seiner Kunden in Deutschland, Österreich und der Schweiz in kürzester Zeit ins Internet und in die sozialen Medien. Vor allem der Onlinechat ist sehr gefragt, dort wurden am Tag 400 bis 500 Gespräche geführt, mitunter sogar mehr. Zusätzlich setzt das Unternehmen auf Livesprechstunden bei Instagram.
Die Umsetzung
Mittlerweile haben die Geschäfte wieder geöffnet. Auch wegen der Erfahrungen während des Coronalockdowns wird BabyOne die Onlineberatung ausbauen. Außerdem werden der Internetverkauf und die mehr als 100 Läden, die zu einem Teil von Franchisenehmern betrieben werden, noch enger miteinander verknüpft. So werden Onlinebesteller von dem Geschäft aus beliefert, das der Lieferadresse am nächsten liegt.
235
Millionen Euro Umsatz erzielte das 1988 gegründete Handelsunternehmen im vergangenen Jahr. BabyOne beschäftigt nach eigenen Angaben insgesamt 1200 Mitarbeiter.
Text: Peter Steinkirchner
Foto: PR
Hans-Christoph Meyer (l.), Tobias Schwarte
Geschäftsführende Gesellschafter HaMix
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 112:

Hans-Christoph Meyer (l.), Tobias Schwarte

Geschäftsführende Gesellschafter HaMix

Das Problem
Backzutaten boomen. Aber nur zwei Unternehmen stellen sie in Deutschland in großer Menge für Endverbraucher her. Ist Platz für einen dritten Anbieter?
Die Lösung
Ja, meinen Meyer und Schwarte, die bei HaMix „alles mischen, was pulverförmige Lebensmittel sind“ – für Industriekunden. Als ihnen ein Insolvenzverwalter im Frühjahr 2020 die Maschinen eines insolventen sächsischen Backzutatenherstellers anbietet, beschließen die Hamelner gemeinsam mit Geschäftspartner Edmund Besecke: „Wir steigen ein in den Markt für Endverbraucher“, den sich bisher Oetker (Bielefeld) und Ruf (Quakenbrück) teilen.
Die Umsetzung
Mitte Juli läuft die Produktion in einem ehemaligen Spanplattenwerk im 35 Kilometer von Hameln entfernten Rodenberg an. Ab Mitte August fertigt HaMix dort Backpulver und andere Backmittel für die Eigenmarke eines großen deutschen Discounters. Ein Deal mit einer Supermarktkette ist laut Meyer „auch schon ausverhandelt“. Bis Ende 2021 sollen Puddingpulver und weitere Produkte in fertig verpackten Kleinportionen dazukommen.
12
Mitarbeiter zählte HaMix, als Meyer und Schwarte 2013 das Lebensmittelwerk ihres Exarbeitgebers Vogeley übernahmen. Ende 2021 sollen es 140 sein.
Text: Harald Schumacher
Foto: Jana Grube
Klaus Jaeger
Geschäftsführender Gesellschafter der Jalasca
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 111:

Klaus Jaeger

Geschäftsführender Gesellschafter der Jalasca

Das Problem
Jalasca erstellt virtuelle Modelle von Gebäuden und Infrastrukturen wie Brücken. Allein: Für manche Kunden war es schwierig, mit den Daten zu arbeiten.
Die Lösung
Jalasca fertigt die Modelle an, indem die Firma dafür Drohnen starten oder Gebäude und deren Räume mit einem Laser scannen lässt. So entstehen flott Pläne von alten Gebäuden, bei denen diese Dokumente verschwunden sind. „Zudem kann man so prüfen, ob ein Bauwerk überhaupt seinem Entwurf entspricht“, sagt Jaeger. Jetzt macht das Unternehmen die bislang komplexen 3D-Abbilder seinen Kunden einfacher zugänglich.
Die Umsetzung
Bislang mussten die Jalasca-Kunden zusätzliche Software einkaufen, um mit den Modellen arbeiten zu können, weil die Abbilder aus Millionen kleiner Punkte bestehen. Seit Ende 2019 rechnet die Firma aus den Ursprungsdaten vereinfachte 3D- oder gar 2D-Modelle heraus, mit denen etwa Architekten planen können. Dazu hat das Unternehmen aus Moers bei Duisburg einen eigenen Prozess entwickelt, der auf bestehender Software aufsetzt.
10
Mitarbeiter hat das Unternehmen, dazu zählen sogar Drohnenpiloten. Zu den Auftraggebern von Jalasca gehören Immobiliengesellschaften und Behörden.
Text:  Lukas Zdrzalek
Foto: PR
Stefan Euchner
Geschäftsführer bei Euchner
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 110:

Stefan Euchner

Geschäftsführer bei Euchner

Das Problem
Je mehr Roboter in Fabriken eingesetzt werden, desto wichtiger wird die Technik für den sicheren Umgang mit ihnen. Doch die rechtlichen Vorgaben sind in jedem Markt andere.
Die Lösung
Das Familienunternehmen Euchner aus Leinfelden nahe Stuttgart stattet weltweit die Fertigungsstraßen prominenter Auto- und Maschinenbauer mit Sicherheitsschaltgeräten
aus. Um den rechtlichen Normen in allen Ländern gerecht zu werden, setzten Euchners Kunden meist auf Drittanbieter. Vor vier Jahren begann Euchner mit dem Aufbau einer eigenen Expertengruppe, die die komplexen Vorgaben in allen Märkten abdecken sollte.
Die Umsetzung
Als in diesem Jahr ein US-Chemieunternehmen Euchner beauftragte, Sicherheitssysteme
in den USA, Indien und China zu errichten, konnte seine Expertengruppe die rechtlichen Anforderungen in allen Märkten erfüllen. „Es dauert Jahre, solche Experten zu finden. Aber mittlerweile können wir alle Märkte abdecken und zu allen Normenvorgaben beraten“, sagt Geschäftsführer Stefan Euchner.
800
Mitarbeiter beschäftigt Euchner weltweit. Die Gruppe für die rechtliche Beratung besteht aus etwa zehn Personen.
Text:  Andreas Macho
Foto: PR
Joerg Hoffmann
Geschäftsführer Waldner Laboreinrichtungen
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 109:

Joerg Hoffmann

Geschäftsführer Waldner Laboreinrichtungen

Das Problem
In der Coronakrise übersteigt der Bedarf an Laboren deren Kapazität, vor allem auf dem Land. Der Bau neuer Ein­richtungen ist kurzfristig unmöglich.
Die Lösung
Bis ein Laborgebäude steht, vergehen manchmal Jahre; die Genehmigungs­verfahren sind kompliziert. Die Mitarbeiter von Waldner Labor­einrichtungen entwickeln daher ein modulares System: Container, die als mobile virologische Labore fungieren. Sie können an bestehende Krankenhäuser oder Büros angeschlossen werden und deren Versorgungssysteme nutzen. Oder an andere Waldner-Container, die Wasser und Strom liefern.
Die Umsetzung
In einem vierwöchigen Sprint entwickeln die Mitarbeiter die Container­module. Die Labore sind schnell aufgebaut und dezentral einsetzbar. Das Unter­nehmen verschickt sie weltweit, unmittelbar nach der Fertigung. Der erste Container steht in Luxemburg. Vor allem in Afrika ist die Nachfrage groß. An einem Tag sind etwa 4000 Covid-Tests pro Modul möglich. Die Stationen eignen sich auch für die Analyse anderer Krankheitserreger.
54
Länder beliefert das Wangener Unternehmen mit seinen Containermodulen für mobile Coronalabore
Text:  Jannik Deters
Foto: PR/Franz Knittel
Stefan Grimm
Geschäftsführer bei CombiPlus
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 108:

Stefan Grimm

Geschäftsführer bei CombiPlus

Das Problem
Mit der Software von CombiPlus können Kfz-Gutachter Kommunikation und Geschäftsprozesse digital abwickeln. Für Unterschriften ist Papier notwendig.
Die Lösung
Wer seine Schadenabwicklung nach einem Autounfall an die Werkstatt abtreten möchte, damit deren Rechnung direkt zur Versicherung geht, muss eine Abtretungserklärung
unterschreiben. Damit die nötige Unterschrift auf Papier die digitale Kette nicht mehr unterbricht, sucht CombiPlus einen Kooperationspartner. Mit TrackLean findet das Unternehmen einen Spezialisten, der rechtssichere digitale Signaturen anbietet.
Die Umsetzung
CombiPlus bindet die neue Funktion in die eigene Software ein. Nun können Autofahrer die Abtretungserklärung auch digital unterschreiben. Das ist auch vor Gericht rechtssicher, weil der Halter seine Unterschrift per E-Mail oder Handy bestätigen muss. So kann er später nicht behaupten, dass er nicht unterzeichnet habe. Zudem ist das digitale Dokument schneller bei der Versicherung – und der Schaden kann zügiger bearbeitet werden.
650
Kfz-Sachverständige nutzen die spezialisierte Software, um damit ihr Büro möglichst effizient zu organisieren
Text:  Annina Reimann
Foto: PR/René Stasa
Lars Baumgürtel
Geschäftsführender Gesellschafter Voigt & Schweitzer
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 107:

Lars Baumgürtel

Geschäftsführender Gesellschafter Voigt & Schweitzer

Das Problem
Die Firma verzinkt seit über 100 Jahren Stahl­ober­flächen. Vor allem Auto­her­steller verlangen jetzt neue, an ihre Modelle an­gepasste und recycel­bare Lösungen.
Die Lösung
Um neue Ver­fahren zu ent­wickeln, gründet der Gelsen­kirchener Familien­konzern eine eigene Innovations­tochter. Deren Techniker mischen beim Ver­zinken Alu­minium bei. Dadurch werden Teile belastbarer und wieder­verwertbar, außerdem halten sie länger. Inhaber Baumgürtel startet mit Kunden Innovations­kreise und ein Techno­logie­zentrum, in dem sie in neuen Ver­fahren verzinkte Teile vor der Serien­produktion testen können.
Die Umsetzung
Dank der vielen neuen Ver­fahren der Innovations­tochter hält das Unter­nehmen 90 Prozent der Patente in der Branche und kassiert reihen­weise Nach­haltig­keits­aus­zeichnungen. Zudem lizenziert Baumgürtel sein Wissen an Kunden. Vor allem Auto­hersteller wie BMW können nun geeignete Zink­oberflächen für ihre Produkte einsetzen. Das bringt Voigt & Schweitzer höhere Erträge und erspart teure In­vestitionen in den Bau eigener Anlagen.
300
Millionen Euro Umsatz machte Voigt & Schweitzer mit seinen 1700 Mitarbeitern im vergangenen Jahr.
Text:  Rüdiger Kiani-Kress
Foto: PR/Björn Zölzer
Stephan Bayer
Geschäftsführer Sofatutor
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 106:

Stephan Bayer

Geschäftsführer Sofatutor

Das Problem
Das Sachbuch dominiert den Schulunterricht. Als digitale Lernplattform hat es Sofatutor traditionell schwer, mit Lehrern und Leitern in Kontakt zu treten.
Die Lösung
Die Coronakrise ist eine Chance. Zu Beginn des Lockdowns bietet Stephan Bayer den Landes­regierungen die Inhalte der Lernplattform kostenfrei für Lehrer an. Bisher nutzten vor allem Schüler die Onlinenachhilfe gegen monatliche Gebühr. Als die Landes­bildungs­dienste die Plattform empfehlen, greifen Tausende Lehrer auf Erklärvideos, digitale Übungen und Arbeits­blätter zu. Bayer vergibt rund 850 000 kostenfreie Lizenzen an Schulen.
Die Umsetzung
Das Berliner Unternehmen mit 250 Mitarbeitern passt seine digitalen Lerninhalte an die jeweiligen Lehrpläne der Bundesländer an. Lehrer binden die Trickfilmvideos und Übungen in ihren digitalen Unterricht ein. Nachmittags unterstützen ausgebildete Lehrkräfte von Sofatutor per Hausaufgabenchat die Schülerinnen und Schüler individuell beim Lernen zu Hause. Bundesweit nutzen inzwischen 5000 Schulen die Tools der Lernplattform.
1
Million Nutzer hat die Onlinenachhilfe Sofatour pro Woche. Vor der Coronakrise waren es rund 1,5 Millionen pro Monat.
Text:  Angela Hennersdorf
Foto: PR
Stefan und Markus Thurn
Geschäftsführende Gesellschafter Köbig
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 105:

Stefan und Markus Thurn

Geschäftsführende Gesellschafter Köbig

Das Problem
Fernfahrer konnten wegen der Coronapandemie an Raststätten und bei Kunden keine Sanitärräume nutzen. Die Situation bedrohte den Warennachschub.
Die Lösung
Rund 100 Lieferanten pro Woche, auch aus Spanien und Italien, fahren die Mainzer Standorte der Baustoffgroßhandlung Köbig an. Die Thurns stellten am 8. April Toilettenwagen auf und boten den Fahrern am Zentrallager Duschen an. Sie bestellten bei einem Metzger warme Mahlzeiten und versorgten die Trucker damit gratis. Sie leisteten sich die Kosten – sieben Euro pro Essen – bis Pfingsten, also rund zwei Monate.
Die Umsetzung
Die Hilfsaktion stärkt die Kundenbeziehungen. Spediteure aus ganz Europa danken es dem 1890 gegründeten Familienunternehmen per Mail. „Wenn wir die mal brauchen, werden sie sich erinnern, wie menschlich wir ihre Fahrer behandelt haben“, glaubt Stefan Thurn. Der 57-jährige Unternehmer selbst hat die Mahlzeiten im Lieferwagen abgeholt und verteilt. Auch viele Mitarbeiter nutzten das Angebot, beteiligten sich mit 4,90 Euro an den Kosten.
10
Millionen Euro kostet der geplante Neubau der Koblenzer Köbig-Niederlassung. Der 2019 erwirtschaftete Jahresumsatz von 173 Millionen Euro soll 2020 stabil bleiben.
Text:  Harald Schumacher
Foto: PR
Johannes Wagner
Gründer und Inhaber Conmoto
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 104:

Johannes Wagner

Gründer und Inhaber Conmoto

Das Problem
Im öffentlichen Raum sind viele Hygienestationen hektisch und notdürftig aufgestellt worden. Der Designmöbelbauer Conmoto schafft professionelle Abhilfe.
Die Lösung
Als Johannes Wagner, Chef und Gründer des Design­möbel­herstellers Conmoto aus Münster am 1. April an einer Tankstelle stoppte, war er entsetzt über die selbst ge­zimmerten Kisten und Kästen für Hygiene­material. „Mit designten Möbeln könnte man sogar Lust auf Hygiene machen“, ist Wagner überzeugt, „weit über die Shutdown-Zeiten hinaus.“
Die Umsetzung
Innerhalb von wenigen Tagen stellte Wagner die Produktion in seinem Betrieb mit 50 Mitarbeitern um. Das herkömmliche Geschäft mit Mobiliar für Clubs, Hotels oder Restaurants lag ohnehin fast brach. Mitte Mai lieferte Conmoto die ersten Möbel unter der neuen Marke „Hygn.me“ aus. Die sechs Modelle zwischen 200 und 1500 Euro bieten verschiedene Module wie Händedesinfektion, Halterungen für Mund­schutz­masken und Einmalhandschuhe, Papiertaschentücher und Abfalleimer.
1000
Möbel für Hygienematerial hat das Münsteraner Unternehmen Conmoto seit Mitte Mai verkauft.
Text:  Mario Brück
Foto: PR
Marco Hammer
Geschäftsführer der Oikos Group
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 103:

Marco Hammer

Geschäftsführer der Oikos Group

Das Problem
Käufer von Fertighäusern scheuen lange Fahrten, um sich Musterwohnungen anzusehen. In Zeiten von Corona sind Massenbesichtigungen ohnehin tabu.
Die Lösung
Die hessische Oikos Group, die mit ihren Marken Bien Zenker, Hanse Haus und Living Haus pro Jahr rund 1500 Fertighäuser verkauft, hat schon vor Jahren begonnen, die Besichtigung von Musterhäusern komplett ins Internet zu verlagern. Nur noch beim Vertragsabschluss sitzen sich Berater und Kunde Auge in Auge gegenüber. Die Investition will schließlich gut überlegt sein: 250 000 Euro kostet ein Haus im Schnitt.
Die Umsetzung
Mit einer VR-Brille können die Kunden das neue Haus dreidimensional ergründen. Die Brille müssen sich die Kunden allerdings selbst zulegen. Alternativ können sich die Interessenten auf einen zweidimensionalen 360-Grad-Rundgang im Internet begeben. Die Beratung der Käufer erfolgt dann per Videochat. Wer noch mehr wissen will, kann sich schließlich ein Video anschauen, das erklärt, wie ein Fertighaus entsteht.
25
Prozent mehr Kontaktanfragen von Fertighausinteressenten registrierte die Oikos Group während des Coronalockdowns.
Text:  Jürgen Salz
Foto: PR
Björn Kemper
Geschäftsführer Kemper
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 102:

Björn Kemper

Geschäftsführer Kemper

Das Problem
Für den Anlagenbauer Kemper sind Service und Kundendienst wichtig, in Zeiten von Reise- und Kontaktbeschränkungen jedoch fast unmöglich.
Die Lösung
Der 1977 gegründete Hersteller von Absaug- und Filteranlagen hat sein Servicegeschäft mit Datenbrillen digitalisiert. Herzstück des Unternehmens aus Vreden in Nordrhein-Westfalen mit rund 400 Mitarbeitern ist der neue Reparaturservice Kempervision. „Mit Kempervision rücken wir trotz der Distanz noch näher an den Kunden“, sagt Firmenchef Kemper. Damit kommuniziert das Unternehmen live über eine Computerbrille mit seinen Kunden.
Die Umsetzung
Hat ein Kunde ein Problem, schickt Kemper ihm binnen zwei Tagen eine Datenbrille. Der Mitarbeiter des Kunden setzt die Brille auf, verbindet diese mit dem Internet und geht in die Absauganlage. Dort bespricht er das Problem direkt mit einem Experten in der Kemper-Zentrale. Eine Kamera an der Brille überträgt Livebilder direkt zu Kemper. Zudem zeigt die Brille Textnachrichten, Bilder oder Schaltpläne auf dem Sichtfeld.
2000
Euro allein für Reise- und Übernachtungskosten hätte ein norwegischer Kunde mit dem Einsatz von Kempervision sparen können.
Text:  Mario Brück
Foto: PR
Martin Sauer
Geschäftsführer bei Sauer Product
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 101:

Martin Sauer

Geschäftsführer bei Sauer Product

Das Problem
Der Autozulieferer Sauer stellt etwa Spoiler her, aber auch Halterungen für Champagnerflaschen. Durch die Pandemie ist die Nachfrage eingebrochen.
Die Lösung
Kein Markt mehr für Produkte, die Luxus- und Sportlimousinen veredeln? Wie wäre es also, wenn man sich einen neuen Markt erschlösse? Sauer stellt die Produktion um. Neu im Programm sind etwa Sichtschutzbrillen und Plastikhüllen für Türklinken, die mit dem Unterarm geöffnet werden können. „Der Markt hatte kurzfristig Bedarf nach anderen Gütern“, sagt Sauer. Auch Atemschutzmasken gehören zu seinem Pandemiesortiment.
Die Umsetzung
30 Tage brauchte Sauer jeweils für die Konzeption, Produktion und Markteinführung der neuen Produkte. „Wir sind es gewohnt, sehr kurzfristig auf die Wünsche unserer Kunden im Automotive-Bereich zu reagieren. Das kam uns bei der Umstellung zugute“, sagt Sauer. Der Vertrieb akquirierte innerhalb kürzester Zeit neue Kunden. Mittlerweile bewegen sich die Verkaufszahlen der Pandemieprodukte im sechsstelligen Bereich.
75
Prozent seines Umsatzes erwirtschaftet Sauer im Automotive-Bereich. Als das Segment abstürzt, setzt das Unternehmen kurzfristig auf andere Produkte.
Text:  Andreas Macho
Foto: PR/Oliver Rüther
Jürgen Siegwarth
Geschäftsführer bei Ortlieb
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 100:

Jürgen Siegwarth

Geschäftsführer bei Ortlieb

Das Problem
Die Firma Ortlieb will ihre wasserdichten Packtaschen für Outdoor­sportler auch mit Reiß­verschlüssen ausstatten. Doch die angebotene Qualität genügt nicht.
Die Lösung
Seit der Coronakrise versuchen Unternehmen zunehmend, Vorprodukte aus Europa zu bekommen. Ortlieb ist hier Vorreiter, investiert am Firmensitz im fränkischen Heilsbronn in Entwicklung und Pro­duktion von Reiß­verschlüssen, gründet den Ableger Titex. Der entwickelt und baut Maschinen und kümmert sich um die komplette Wertschöpfung, von der Material­wissen­schaft über Chemie­faser­herstellung bis Qualitäts­kontrolle.
Die Umsetzung
Titex fertigt heute im Jahr zwei Millionen Verschlüsse und Komponenten, nicht allein für den Eigenbedarf, sondern auch für inter­nationale Abnehmer in anderen Industriebereichen wie Hersteller von Tauch-, Schutz- und Über­lebens­anzügen, Bergsteiger­schuhen, Zelten und aufblasbaren Objekten. Bei Titex sind heute gut 50 Mitarbeiter beschäftigt. Ortlieb selbst profitiert von der direkten Nähe zum hauseigenen Zulieferer.
5
Millionen Euro Umsatz im Jahr erzielt der Ortlieb-Ableger Titex mit seinen wasserdichten Reißverschlüssen.
Text:  Peter Steinkirchner
Foto: PR
Florian Schuran
Gründer und Inhaber New Wave Concepts
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 99:

Florian Schuran

Gründer und Inhaber New Wave Concepts

Das Problem
New Wave aus Heins­berg baut weltweit große Aquarien, etwa für Zoos und Hotels. Im Corona­lock­down haben viele Kunden ihre Aufträge verschoben.
Die Lösung
Statt Aquarien stellten Schuran und seine vier Mitarbeiter Plexiglas-­Zellen für Super­märkte und Arzt­praxen in Heins­berg her. Der Unternehmer, gelernter Verfahrens­mechaniker für Kunst­stoff­technik, wollte so seiner von der Corona­pandemie besonders betroffenen Heimat­region helfen. Mittlerweile erhält er auch Anfragen von Friseur- und Nagel­studios sowie von Restaurants, die gerade wieder öffnen.
Die Umsetzung
Ohne einen festen Auftrag sicher zu haben, orderte Schuran sofort große Mengen Plexiglas, bevor der Kunst­stoff knapp wurde. Mit den Kollegen arbeitet er nun in einer Zwölf-­Stunden-­Schicht: Morgens um sechs legen sie los, um den Tröpfchen- und Viren­schutz an Supermarkt­kassen und in Arzt­praxen einzubauen. Bis gegen 18 Uhr produzieren sie dann die Bestellungen für den nächsten Tag. Die Aquarienproduktion pausierte.
40
Plexiglas-­Ein­hausungen lieferte New Wave Concepts in wenigen Wochen in Heins­berg aus. Mittlerweile ist auch das Geschäft mit Aquarien wieder angelaufen.
Text:  Jürgen Salz
Foto: PR
Marlon Klaasen
Inhaber Klaasen Karussellbetrieb
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 98:

Marlon Klaasen

Inhaber Klaasen Karussellbetrieb

Das Problem
Der Schaustellerbetrieb aus Niedersachsen hat im Coronalockdown keine Einnahmen. Kirmes und Volksfeste fallen auf längere Sicht aus. Was tun?
Die Lösung
Anstatt die begonnene Investition in ein stationäres Standbein zu stoppen, zieht Klaasen sie durch. Für 250 000 Euro, überwiegend kredit­finanziert, bringt der 35-Jährige in seinem Heimatort Rinteln den in die Jahre gekommenen Biergarten Am Weseranger auf Vordermann – mit neuem Abenteuer­spielplatz, Lounge-Bereich und gläsernem Windschutz. Seine acht festen Mit­arbeiter machen keine Kurzarbeit, sondern helfen beim Bau.
Die Umsetzung
Klaasen geht trotz Coronakrise ins Risiko – und wird für sein Verhalten vielleicht bald belohnt. Die Landesregierung in Hannover plädiert für Lockerungen in der Gastro­nomie. Der Biergarten am Weser­radweg könnte daher bald eröffnen – mit Gesichtsmasken und Abstandsregel. Das Ausflugsgeschäft im Sommer und Herbst soll Klaasens Familienbetrieb absichern – zumal die Weihnachtsmarktsaison 2020 wohl weitgehend ausfallen dürfte.
35
Mitarbeiter beschäftigt Klaasen, wenn alle Fahrgeräte und Imbissstände im Einsatz sind. Ein Drittel des Jahresumsatzes bringt die Weihnachtssaison.
Text:  Harald Schumacher
Foto: Rinteln aktuell/Igor Vucinic
Sebastian Topp
Co-Geschäftsführer beim Modellbauhersteller Noch
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 97:

Sebastian Topp

Co-Geschäftsführer beim Modellbauhersteller Noch

Das Problem
Noch aus Wangen stellt Modellbauzubehör wie Bäume, Figuren und Gebäude her. Doch wegen Corona schließen Fach­händler, wurden große Messen abgesagt.
Die Lösung
Noch veranstaltet über Ostern eine Onlinemesse. Das Unternehmen nutzt sonst die im Frühjahr stattfindenden Treffen wie die Intermodellbau in Dortmund dazu, um vielen Kunden erstmals die neuen Produkte vorzustellen und Feedback dazu zu erhalten. Das ist auch für die Bastler wichtig, damit sie sehen, wie die Miniaturen wirken – oder um sich anzuschauen, wie Geräte funktionieren, etwa jenes mit dem Tüftler Wiesen gestalten können.
Die Umsetzung
Noch richtet auf der Webseite und auf YouTube Onlinemessestände für seine Marken ein, stellt etwa Videos mit den Neuheiten ins Netz. Die Firma filmt aus der Ich-Perspektive, wie das Begrasungsgerät funktioniert, damit die Kunden das Gefühl haben, es selbst zu bedienen. Noch organisiert zudem virtuelle Events, Co-Chef Sebastian Topp stellt sich im Instagram-­Chat Fragen – und im Onlineshop gibt es zehn Prozent Messerabatt.
25
Prozent Umsatzsteigerung in seinem Onlineshop verzeichnete Noch durch die virtuelle Messe. Zudem verdoppelten sich die Zugriffszahlen der Webseite.
Text:  Lukas Zdrzalek
Foto: PR
Thomas Tibroni
Chef und Mitgründer Meravando/
Fernstudiumcheck
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 96:

Thomas Tibroni

Chef und Mitgründer Meravando/Fernstudiumcheck

Das Problem
Das Kölner Portal für nachhaltige Kreuz­­­fahrt­angebote Meravando kann nichts mehr vermitteln, weil in der Corona­krise immer mehr Reedereien Touren absagen.
Die Lösung
Während Anfang März die ersten Häfen Kreuzfahrer verbannen, bemerken Tibroni und seine Ge­schäfts­­führungs­kollegen Jörn Michelsen und Fabian Siegberg steigende Zugriffs­zahlen bei ihrem Ver­gleichs­­portal Fern­studium­­check.de. Weil sie mehr Interesse an Online­­ausbildung erwarten und nicht mit einer raschen Erholung des Reise­­markts rechnen, holen sie die Meravando-Mitarbeiter in das Team der Bildungsseite.
Die Umsetzung
Für die Entwickler und Web­designer ist der Wechsel von innovativ präsentierten Welt­reisen in die eher nüchterne Welt etablierter Hoch­schulen gewöhnungs­bedürftig. Doch der Schritt erweist sich als richtig. Denn die klassischen Hoch­schulen bauen wegen der Be­schränkung im Lehr­betrieb die Angebote für Fern­studien aus und suchen nun nach Möglichkeiten, sich online darzustellen und so neue Kunden zu gewinnen.
30
Prozent mehr Nutzerzugriffe als im Vorjahr hat das Internetportal Fernstudiumcheck.de derzeit, eine Folge der Coronakrise.
Text:  Rüdiger Kiani-Kress
Foto: PR
Trevor Evans
Geschäftsführer Stream Time
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 95:

Trevor Evans

Geschäftsführer Stream Time

Das Problem
Die Internetplattform überträgt live Sportevents. Eigentlich. Wegen der Coronapandemie finden derzeit keine Spiele statt. Niemand nutzt den Dienst.
Die Lösung
Der Streaming-Dienst passt sein Angebot, auf das sonst monatlich sechs Millionen Nutzer zugreifen, an die Krise an. Statt Fußball bietet er den ersten Internetkanal für Gottesdienste an, die virtuell übertragen werden. Evans Großmutter brachte ihn auf die Idee, die ihren Kirchenbesuch vermisst. Auch Messen sind wegen der Coronakrise abgesagt. Über die Plattform lassen sich die virtuellen Angebote der Kirchen auffinden und nutzen.
Die Umsetzung
Die Hamburger programmieren den Algorithmus ihrer Metasuchmaschine neu. Diese aggregiert nun die Kirchenangebote im Web. Der Kanal bietet Livestreams von christlichen Kirchen in Deutsch, Englisch und anderen Sprachen an. Gemeinden können ihre Messen auch selbst zum Stream hinzufügen. In Deutschland gibt es zehn Millionen potenzielle Nutzer, die ihren Gang zur Kirche nun digital antreten könnten. Das Angebot ist kostenlos.
1000
Messen von christlichen Kirchen streamt der Internetkanal, damit Gläubige am virtuellen Gottesdienst teilnehmen können.
Text:  Angela Hennersdorf
Foto: PR
Cornelius Strangemann
Inhaber Lestra Kaufhaus
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 94:

Cornelius Strangemann

Inhaber Lestra Kaufhaus

Das Problem
Als die Kunden mit Beginn der Coronabeschränkungen plötzlich die achtfache Menge Toilettenpapier kauften, fehlte auch Strangemann der Nachschub.
Die Lösung
Weil gleichzeitig die Kreuzfahrtschiffe in den Häfen blieben, kam der Chef des Bremer Edel­supermarkts mit 40 Prozent Non-Food-Anteil auf die Idee, Schiffs­ausrüster entlang der Küste abzutelefonieren. Tatsächlich fanden Unternehmer Strangemann und seine Mitarbeiter Firmen, die auf Bergen von Toilettenpapier und anderen Waren saßen und nicht loswurden, während sich überall in Deutschland die Regale leerten.
Die Umsetzung
Ein Lestra-Mitarbeiter holte per Lkw sofort die heiße Ware ab. Zweilagig und weiß, kein Luxus. In einer Woche verkaufte das Lestra so viel Toilettenpapier wie sonst im ganzen Jahr: 400 000 Rollen. Selbst aus Cuxhaven kamen Kunden. Nachschub liefern andere Schiffsausrüster. Auch Mehl und Hefe kann Strangemann noch anbieten, weil der 43-Jährige Gastronomie­packungen von 25 und 10 Kilo aufkauft und von Mitarbeiterinnen in haushaltsübliche Portionen abfüllen lässt.
130
Prozent mehr Tagesumsatz als in normalen Monaten bescherten Hamsterkäufer im März dem Lestra Kaufhaus. Den Jahresumsatz von sonst gut 20 Millionen Euro dürften die Bremer 2020 im zweistelligen Prozentbereich übertreffen.
Text:  Harald Schumacher
Foto: PR
Mike Schneising
Betriebsleiter Lautergold Paul Schubert GmbH
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 93:

Mike Schneising

Betriebsleiter Lautergold Paul Schubert GmbH

Das Problem
Der Spirituosenhersteller lieferte Alkohol an Apotheken und Krankenhäuser, damit diese
Desinfektionsmittel herstellen konnten. Doch in der Coronakrise überforderte das einige.
Die Lösung
Die Firma Lautergold, 1734 als Manufaktur für Heil- und Hausmittel gestartet, steigt zum ersten Mal in die Produktion von Desinfektionsmitteln ein. Betriebsleiter Schneising stellt das Brennen von Likören und Schnäpsen vorübergehend ein und konzentriert sich ganz auf das Mischen und Abfüllen des eigenen Handdesinfektionsmittels Septoex. Seit der vergangenen Woche liefert er es deutschland­weit an Firmen und Großhändler.
Die Umsetzung
In einem ungenutzten Lagerraum baut Lautergold aus vorhandenen Tanks, Rührwerken, Pumpen und Schläuchen eine neue Produktionslinie für Desinfektionsmittel auf. Damit will Schneising Lieferengpässe überbrücken und ein zweites Standbein aufbauen. Anders als Konkurrenten, die ihre Preise für den Liter auf über 20 Euro verdoppeln, will Schneising „fair und schnell helfen“ und weiter für neun Euro verkaufen.
3000
Flaschen Schnaps laufen in der Brennerei normalerweise jede Stunde übers Band. Jetzt füllt Lautergold stündlich 200 Kanister mit Desinfektionsmitteln ab.
Text:  Jürgen Berke
Foto: PR
Henrik Roth
Gründer und Geschäftsführer  BeWooden
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 92:

Henrik Roth

Gründer und Geschäftsführer BeWooden

Das Problem
BeWooden produziert Modeaccessoires wie Holzfliegen und Armbänder für Damen und Herren. Aber „niemand trägt im Homeoffice Holzfliege“, sagt Roth.
Die Lösung
Nachdem der Umsatz durch die Coronakrise um 80 Prozent einbrach, ließ Roth aus überschüssigen Stoffen von einer Handvoll seiner Näherinnen testweise 200 Schutzmasken nähen – als Spende. Die Nachfrage war derart gewaltig, dass BeWooden seit der vergangenen Woche die bisherige Produktion einstellte und stattdessen Mundschutzmasken aus 100 Prozent Baumwolle fertigt. Mittlerweile arbeiten 25 Näherinnen daran.
Die Umsetzung
Die Masken sind zwar nicht für den intensivmedizinischen Bereich geeignet, sie bieten aber im Alltag, in Fabriken oder im Pflegedienst Schutz. Sie sind bei 90 Grad waschbar und können daher mehrfach verwendet werden. Das 2013 gegründete Unternehmen aus Bad Vilbel, das in Prag produziert, konnte so einen Teil des Ausfalls kompensieren. Mittlerweile haben sich auch andere Nähereien und Manufakturen der Initiative angeschlossen.
1000
Baumwollmasken mit Gummizug oder Kopfband fertigt BeWooden täglich. Sie ersetzen die Produktion von Holzfliegen, Manschettenknöpfen und Hosenträgern.
Text:  Mario Brück
Foto: PR
Nicole Willig-Pachaly
Inhaberin Kunibert Michel GmbH
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 91:

Nicole Willig-Pachaly

Inhaberin Kunibert Michel GmbH

Das Problem
Der Handwerksbetrieb baut Hobel für den Oboenbau und konnte die Kosten eines weiteren Mitarbeiters wegen laufender Kredite nicht stemmen.
Die Lösung
Nicole Willig-Pachaly und ihr Mann Georg hören vom Teilhabechancengesetz: Seit Januar 2019 zahlt der Staat jahrelang die Lohnkosten, wenn Unternehmen schwer vermittelbare Arbeitssuchende einstellen. Die Unternehmerin kontaktiert die Agentur für Arbeit im niedersächsischen Neustadt am Rübenberge. Die vermittelt Alexander Bibinger, den ein psychisches Handicap lange daran gehindert hat, einen festen Arbeitgeber zu finden.
Die Umsetzung
„Es passt“, sagt die Unternehmerin. Bibinger lernt bei ihr seit März 2019 den Bau von Hobelmaschinen, mit denen Künstler in aller Welt Rohre für Oboen und Fagotte anfertigen. In dieser Nische ist die Manufaktur Marktführer. Bis 2021 trägt die Agentur für Arbeit die Lohn- und Personalkosten für den 40-Jährigen komplett, im dritten Jahr 90, im vierten 80 und im fünften 70 Prozent. „Dann können wir das selber finanzieren“, sagt Willig-Pachaly.
50 000
Langzeitarbeitslose haben die Agenturen seit Anfang 2019 in feste, temporär subventionierte Jobs vermittelt – und sie so rausgeholt aus Hartz IV.
Text:  Harald Schumacher
Foto: PR
Ismet Koyun
CEO und Eigentümer der Kobil-­Gruppe
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 90:

Ismet Koyun

CEO und Eigentümer der Kobil-Gruppe

Das Problem
Die Bedrohung durch Datenklau und Cyber­angriffe steigt. Kobil Systems, ein deutscher Pionier im IT-­Sicherheits­markt, wächst – aber weniger stark als geplant.
Die Lösung
Kobil wagt den Sprung über den Atlantik und bietet seine mobile Sicherheitsplattform mPower auch auf dem heftig umkämpften US-Markt an. Firmen­gründer Koyun verbrachte im ver­gangenen Jahr mehrere Monate in Kalifornien, um seine Chancen auszuloten. Seine erste Bilanz fällt positiv aus: Bei US-Unternehmen, vor allem bei Banken und Versicherungen, gibt es deutlich weniger Vorbehalte gegenüber seinem Produkt als in Europa.
Die Umsetzung
Koyun eröffnete eine Niederlassung in Palo Alto im Silicon Valley. Von dort aus will er die Expansion für den US- und europäischen Markt koordinieren – ausgerechnet vor der Haustür von Google, Amazon und Apple. Kobil verkauft Sicher­heitslösungen, die die Identität von Smartphonenutzern schützen. Ganz in die USA übersiedeln will Koyun nicht. Europa brauche eigene Lösungen, um nicht von der Konkurrenz aus Ost und West abhängig zu werden.
200
Angestellte hat Kobil Systems, 80 davon arbeiten in der Firmenzentrale in Worms.
Text:  Jürgen Berke
Foto: PR
Wolfgang Wolter
Geschäftsführer Wystrach GmbH
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 89:

Wolfgang Wolter

Geschäftsführer Wystrach GmbH

Das Problem
Der Mittelständler aus Weeze produziert Con­tainer für den Transport von Industriegasen, geriet aber durch harte Preis­kämpfe im Markt unter Druck.
Die Lösung
Wystrach hat seine Produktpalette erweitert und stellt jetzt auch Transportbehälter für Wasserstoff her. Dafür hat der Familienbetrieb spe­zielle Speicher, Trans­port­trailer und mobile Wasserstofftank­stellen entwickelt. Der globale Zughersteller Alstom wird erst Partner, dann Kunde. Wystrach liefert das Tank­system für den weltweit ersten Personen­zug von Alstom, der mit Energie einer Wasserstoff-Brennstoff­zelle betrieben wird.
Die Umsetzung
Wystrach investiert in neues Fachpersonal und baut seine Konstruktions­abteilung aus. Mit der Energieagentur NRW präsentiert es die ersten Wasserstoff­speicher­systeme auf Messen. Energie­versorger, Lkw- und Zughersteller werden auf die Produkte aufmerksam. Für die neuen Kunden baut das Unternehmen spezifi­sche Energie­speicher- und Tank­systeme. Die Aufträge für die neuen Wasserstoff­produkte steigen kontinuierlich.
70
Wasserstoffsysteme, Containerfahrzeuge, Energiespeicher- und Tanksysteme hat Wystrach bereits verkauft.
Text:  Angela Hennersdorf
Foto: PR
Johann Neidl
Leiter Be­schaffung bei Horsch Ma­schinen GmbH
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 88:

Johann Neidl

Leiter Beschaffung bei Horsch Maschinen GmbH

Das Problem
Die Horsch-Entwickler wissen nicht genau, zu welchen Preisen sie viele von ihnen konstruierte Maschinenteile von Zulieferern beziehen können.
Die Lösung
Horsch kauft eine Software, die Preise für neue Teile automatisch berechnet. Sie basiert außer auf Rohstoffpreisen auch auf denen von 90 000 bereits existierenden Teilen. So lassen sich Kosten für die vom Unternehmen neu entwickelten Teile für Landmaschinen schnell prognostizieren. Die Vorhersage weicht nur drei bis vier Prozent vom Preis ab, den Horsch-Zulieferer tatsächlich dann später für zugelieferte Einzelteile verlangen.
Die Umsetzung
Dank der Software konnte Horsch den Entwicklungsprozess für Landmaschinen verkürzen. Die 26 Einkäufer des Unternehmens können damit bis zu 20 Prozent effizienter arbeiten – denn sie müssen nicht mehr mit Lieferanten über Teile verhandeln, die erst noch entwickelt werden. Künftig will Horsch mit dem System nicht nur intern Preise berechnen, sondern auch bei Zulieferern günstigere Konditionen durchsetzen.
230
Millionen Euro gibt Horsch jedes Jahr für Teile aus, die eingekauft werden
Text:  Annina Reimann
Foto: PR
Alexander Maksimow
Chef und Mitinhaber
McAirlaid’s Vliesstoffe GmbH
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 87:

Alexander Maksimow

Chef und Mitinhaber McAirlaid’s Vliesstoffe GmbH

Das Problem
Der Vliesstoffhersteller aus Steinfurt bei Münster braucht einen Ausgleich fürs schwankungs­anfällige Hauptgeschäft. Dabei will er sein Wissen nutzen.
Die Lösung
Maksimov ärgerte sich seit Jahren über Zigarettenkippen, deren Filter sich wegen der chemischen Behandlung vor allem durch Aceton oft erst nach 15 Jahren auflösen. Welt­weit kommen so gut eine Million Tonnen Sondermüll pro Jahr zusammen, die meist in der Landschaft oder im Meer landen. Der gebürtige Finne will deshalb Filter aus reinem Zellstoff produzieren, die in weniger als zwei Monaten verrotten.
Die Umsetzung
Der Weg zum fertigen Produkt dauert gut zehn Jahre und kostet mehrere Millionen Euro. Vor allem die großen Tabakkonzerne glauben zunächst, dass die Filter das Aroma verfälschen. Der Durchbruch kommt, als der Schweizer Zigarettenhersteller Koch & Gsell die Filter kauft. Inzwischen verhandelt Maksimov mit allen großen Konzernen und steht kurz vor einem Abschluss mit dem Tabakmonopol der Volksrepublik China.
12
Prozent nach oben und nach unten schwankte der Umsatz der McAirlaidʼs-Gruppe in den vergangenen Jahren.
Anna Hoffmann, Arasch Jalali
Gründer Profishop
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 86:

Anna Hoffmann, Arasch Jalali

Gründer Profishop

Das Problem
Profishop verkauft alles rund um die Firma, richtet sich daher an Geschäftskunden, die vor­­­wiegend analog einkaufen. Wie lockt man die in einen Onlineshop?
Die Lösung
Während der Katalogversand bei vielen Versandhäusern nach und nach eingestellt wird, setzen die Profishop-Gründer Hoffmann und Jalali auch wieder auf einen Katalog aus Papier. Damit wollen sie Handwerker, Restaurantinhaber und kleine Einzelhändler auf ihre Homepage locken. Dort verkaufen sie rund 1,2 Millionen Produkte für die Betriebs­ausstattung – von Alltagsklassikern wie Notizblöcken bis Gelegenheitsprodukten wie Streusalz.
Die Umsetzung
Der Katalog ist ein Appetitmacher. Er umfasst nur 80 Seiten und vermittelt den Kunden eine Art „Best of“. Die Käufer sparen sich so aufwendige Anbieterrecherche und müssen Angebote nicht mühsam miteinander vergleichen. Ist ein Artikel nicht im Sortiment enthalten, bekommen Kunden innerhalb von 48 Stunden ein kostenloses Angebot für das entsprechende Produkt. Der Katalog wird außerdem klimaneutral gedruckt.
35
Prozent der Profishop-Kunden kaufen ihre Produkte über ein mobiles Gerät. Nach Einführung des Katalogs stieg die Quote seit 2017 damit um 15 Prozentpunkte.
Text:  Mario Brück
Foto: PR
Klaus-Peter Gust
Inhaber SIK-Holz
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 85:

Klaus-Peter Gust

Inhaber SIK-Holz

Das Problem
SIK-Holz baut Klettergerüste, Wippen und Rutschen. Die Nachfrage nach Spiel­platz­geräten nimmt seit 2017 stark zu. Die Manufaktur kann nur in 24 statt in 10 Wochen liefern.
Die Lösung
235 Mitarbeiter fertigen im Landkreis Teltow-Fläming die SIK-Holzgeräte aus heimischem Robinienholz. Die Personalakquise hält kaum noch Schritt mit dem jährlichen Auftrags­zuwachs von rund zehn Prozent. Unternehmer Gust kommt auf die Idee, ein zweites Werk zu bauen – im Kohlerevier in der Lausitz: „Wir finden zu Hause kaum noch Fachkräfte und Azubis. Dann bringen wir unsere Arbeit doch dahin, wo Menschen sie suchen.“
Die Umsetzung
100 Kilometer vom Stammwerk Langenlipsdorf entfernt kauft SIK 2019 in der Berg­bau­stadt Welzow eine alte, 14 Meter hohe Maschinenbauhalle mit viel Freifläche. Der Umbau soll Ende 2020 abgeschlossen sein, zwölf neue Mitarbeiter werden ausgebildet. 2022 sollen es 40 sein. Dadurch wird SIK den Umsatz von bald 20 Millionen Euro und den Exportanteil von derzeit 27 Prozent weiter steigern können – bei sinkenden Lieferzeiten.
2,2
Millionen Euro investiert das Unternehmen in sein neues Werk in Welzow. Gegründet hatten Gust und Ehefrau Claudia SIK noch vor der Wende 1988.
Text:  Harald Schumacher
Foto: PR
Peter Schöffel
Inhaber Schöffel
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 84:

Peter Schöffel

Inhaber Schöffel

Das Problem
Die Materialien für Wanderjacken und Skianzüge werden hoch­wertiger, aber echte Innovationen fehlen. Der Markt stagniert, Wachstum ist schwierig.
Die Lösung
Firmenchef Peter Schöffel erkennt, dass sich echte Neuerungen nicht nebenbei im Tagesgeschäft finden lassen. In seinem Unter­nehmen, das aktuell gut 200 Mitarbeiter beschäftigt, schafft er deshalb die Position des Innovationsmanagers und besetzt sie mit dem 37-jährigen Henrik Vogel. Der aktive Alpinist, Bergretter, Textilbetriebs­wirt und ehemalige Unternehmens­berater kümmert sich nur darum, wie sich Bedürfnisse von Kunden in neue Produkte umsetzen lassen.
Die Umsetzung
Vogel arbeitet eng mit Produktmanagern und Designern zusammen. Zudem befasst er sich intensiv mit Themen wie Sensorik, Sicherheit und Bewegungsunterstützung. Das erste konkrete Ergebnis seiner Arbeit ist kürzlich auf den Markt gekommen. Das Skioutfit Intellitex Heat besitzt Carbon-Heizpads im Schulter- und Oberschenkel­bereich. Die Wärme sorgt für Komfort und soll außerdem Verletzungen vorbeugen.
80
Prozent des Umsatzes in Höhe von knapp 100 Millionen macht Schöffel mit Wander- und Freizeittextilien, der Rest entfällt auf Skibekleidung.
Text:  Mario Brück
Foto: PR
Christopher Kirsch
Teamleiter BG.evolution der
Beumer Group
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 83:

Christopher Kirsch

Teamleiter BG.evolution der Beumer Group

Das Problem
Wenn die Förderbänder beim Kunden unerwartet stillstehen, dauert die Reparatur oft mehrere Tage. Das kostet Kunden und Hersteller viel Geld – und Nerven.
Die Lösung
„Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte“, so Christopher Kirsch, der beim Maschinenbauer Beumer das firmeneigene Start-up leitet. Deshalb stattet das Unternehmen nun immer mehr Kunden mit Datenbrillen aus, sogenannten Smart Glasses. Tritt ein Fehler an der Maschine auf, setzt der Kunde die digital vernetzte Videobrille auf. Aus der Ferne schauen ihm Experten über die Schulter – und helfen ihm so, die Reparaturen selbst durch­zuführen.
Die Umsetzung
Nur vier Wochen lagen zwischen der ersten Idee und der Pilotphase, in dieser Zeit testeten die eigenen Mitarbeiter die Brillen. Mittlerweile nutzen Kunden europaweit die Smart Glasses. Besonderer Vorteil: Es dauere nur fünf bis zehn Minuten, um die Funktionen zu erlernen, sagt Kirsch. Wer in bestimmten Phasen unter Produktionsdruck steht, etwa in der Vorweihnachtszeit, kann die Smart Glasses auch monatsweise mieten.
3
Tage dauerten Dienstreisen zu den oft ausländischen Kunden im Schnitt, wenn Maschinen vor Ort repariert werden mussten. Heute ist die Arbeit binnen weniger Stunden erledigt – dank Smart Glasses.
Text: Mareike Müller
Foto: PR
Christian Fehske
Inhaber und Geschäftsführer
der Rathaus-Apotheke Hagen
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 82:

Christian Fehske

Inhaber und Geschäftsführer der Rathaus-Apotheke Hagen

Das Problem
Apotheken sind gesetzlich verpflichtet, gleiche Produkte zum oft gleichen Preis anzubieten. So wirken Apotheken aus Verbrauchersicht austauschbar.
Die Lösung
Pharmazeut Christian Fehske hat mit seinem Vater ein eigenes Marketingkonzept entwickelt. So liefert er Medikamente mit sechs E-Fahrzeugen aus – ein Pluspunkt in Zeiten der Klimadebatte. Die Routen werden per Software optimiert, um Strom zu sparen. Außerdem hat die Rathaus-Apotheke 97 Prozent der Medikamente sofort verfügbar – statt der durchschnittlichen 85 Prozent. So will Fehske der Onlinekonkurrenz zuvorkommen. Mitarbeiter sind zeitlich flexibler als früher, die Apotheke will familienfreundlich sein.
Die Umsetzung
Kundenservice und Beratung stehen bei Fehske an erster Stelle. So führte er etwa den „Lächelquotienten“ ein. Mitarbeiter schreiben dazu bei 50 Kunden hintereinander auf, wie oft sie ihn zum Lächeln gebracht haben – egal, ob er mit Schmerzen oder schlechter Laune kam. Außerdem gibt es einen Kundenbeirat, der die Apotheke zu Ver­besserungs­mög­lich­kei­ten berät. Heute gilt Fehskes Team mit rund 80 Mitarbeitern als vergleichsweise groß.
17,5
Millionen Euro Umsatz machte die Apotheke zuletzt –
ein Vielfaches von dem herkömmlicher Apotheken.
Text: Annina Reimann
Foto: PR
Alfred Kamper
Co-Eigentümer und Aufsichtsrat Albellus Software AG
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 81:

Alfred Kamper

Co-Eigentümer und Aufsichtsrat Albellus Software AG

Das Problem
Das Duisburger Unternehmen stellt fest: Viele seiner Kunden brauchen bei der Digitalisierung mehr Unterstützung, als es aus eigener Kraft anbieten kann.
Die Lösung
Mit anderen Firmen einen Verbund gründen – und dabei eigenständig bleiben. Albellus erarbeitet Softwarekonzepte und empfiehlt seinen Kunden befreundete Unternehmen, wenn es selbst keine Experten stellen kann, etwa für Datenschutz und Big Data. Um die Kooperationen zu verstetigen, gründen die beteiligten Firmen, etwa aus Deutschland und sterreich, das Centrum für digitale Qualität (Cendiq).
Die Umsetzung
Beim Cendiq in Duisburg handelt es sich um eine Art Ärztehaus für die Digitalisierung: Wer Probleme hat, soll nicht alleine nach Experten suchen müssen. Kunden schildern dem Verbund ihren Fall; das Cendiq sucht passende Kenner bei den beteiligten IT-Firmen, die sich auf diesem Wege Zusatzeinnahmen sichern. Mittelständler aus dem deutschsprachigen Raum sind die primäre Zielgruppe des Angebots.
7
kleine und mittelständische IT-Unternehmen mit circa 350 Mitarbeitern arbeiten beim Cendiq zusammen, beteiligt ist außerdem die Universität Duisburg-Essen.
Text: Lukas Zdrzalek
Foto: PR
Thomas Gröger
Geschäftsführer
Hanwag
Im Nahkampf mit der Disruption
Teil 80:

Thomas Gröger

Geschäftsführer Hanwag

Das Problem
Der fast 100 Jahre alte bayrische Hersteller von Bergstiefeln findet für die heimische Produktion kaum noch junge Leute, die Schuhmacher werden wollen.
Die Lösung
Hochwertige Stiefel sind ein komplexes Produkt. Hanwag muss Mitarbeiter gründlich ausbilden und sie anschließend über möglichst viele Jahre halten. Dafür entwickelt das Unternehmen mit dem Internationalen Schuhkompetenzzentrum (ISC) in Pirmasens eine duale Ausbildung. Die zusätzlichen Inhalte sollen den Job attraktiver machen und dazu beitragen, den wichtigsten Teil der Schuhproduktion in Deutschland zu halten.
Die Umsetzung
Die Auszubildenden lernen das traditionelle Handwerk am Stammsitz im oberbayrischen
Vierkirchen, das ISC schult sie parallel dazu in modernen Technologien und vermittelt zusätzlich anatomisch-physiologisches Hintergrundwissen. Hanwag schickt weitere Angestellte, etwa aus dem Vertrieb, ans ISC. Sie sollen möglichst umfassend über Produktion und Qualität Bescheid wissen, um anschließend besser beraten zu können.
60
Mitarbeiter beschäftigt Hanwag am Firmensitz in Vierkirchen nahe München. Dazu kommen Produktionsstätten bei Partnern in Osteuropa.
Text: Peter Steinkirchner
Foto: PR
Jede Woche stellt die WirtschaftsWoche in einer eigens dafür geschaffenen Rubrik ein besonderes mittelständisches Unternehmen vor. Im Laufe des vergangenen Jahres entstand auf diese Weise eine kleine Galerie von Entrepreneuren, von Menschen, denen es gelungen ist, in ihrem Unternehmerleben eine Herausforderung kreativ, klug und mutig zu meistern. 

Zu den Helden des Mittelstands 2023

Zu den Helden des Mittelstands 2022

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Zu den Helden des Mittelstands 2019

Zu den Helden des Mittelstands 2018

Und falls Sie Macher, Schaffer, Unternehmer kennen, die zu Helden taugen, freuen wir uns auf Ihre Vorschläge.

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