Bundeskanzlerin (CDU)

Angela Merkel

Es ist noch nicht so lange her, da schien Angela Merkel nahezu abgemeldet. Alle Augen richteten sich auf ihre potenziellen Nachfolger, die Regierungschefin verschwand fast aus den Abendnachrichten. Mit Corona kam ihr Comeback als Krisenkanzlerin – und damit nach Fukushima-GAU und Finanz-, Euro- und Asylkrise der erneute Auftritt in ihrer besten Rolle.

Omnipräsent in den zahlreichen Spitzenrunden erklärt die promovierte Physikerin dem Volk detailliert und kompetent die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Virologen und die daraus folgenden politischen Konsequenzen. Und quasi nebenbei nahm Merkel als turnusgemäße EU-Ratspräsidentin auch noch die Führung des stark erschütterten Europas in die Hand.

Trotz zweiter Infektionswelle und wachsender Kritik ist die Zustimmung zu den staatlichen Maßnahmen immer noch so hoch, dass schon geraunt wird, die Kanzlerin sei unverzichtbar und könnte doch noch einmal antreten. Das ist zwar höchst unwahrscheinlich, aber allein dieses Wunschdenken erinnert an einen alten Werbespruch mit Kräutern und Klosterfrauen. Deshalb:

Prädikat:

Nie war sie so wertvoll wie heute

Finanzminister (SPD)

Olaf Scholz

Seine Partei wollte ihn nicht als Vorsitzenden, aber einer wie Scholz gibt so schnell nicht auf. Trotz heftigem Gegenwind nimmt der Sozialdemokrat heute gleich drei Funktionen ein: Vize-Kanzler, Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat. Vor allem letztere Rolle bestimmt seine Politik als Kassenwart – im Herbst 2021 ist schließlich Bundestagswahl. Scholz möchte sich in der Coronakrise als mutiger Kämpfer gegen Massenpleiten und Wirtschaftsabschwung beweisen und feuert deshalb mit der „Bazooka“ aus allen Rohren.

Da der Sozialdemokrat dem Staat (und der Weisheit seiner Politiker) im Zweifel mehr vertraut als dem freien Spiel der Marktkräfte, läuft er jetzt zu Hochform auf. Immer neue Programme, immer höhere Schulden und immer weniger Gedanken an eine Rückzahlung hinterlassen jedoch bei aller Zustimmung zur Rettungspolitik ein mulmiges Bauchgefühl.

Und schließlich lauert da auch noch der Wirecard-Skandal und die Frage nach der Rolle von Scholz und seinen Aufsichtsbehörden. Verantworten muss er das alles möglicherweise nicht mehr – das politische Berlin richtet sich auf Schwarz-Grün ein. Die Neuauflage einer Groko ist kaum vorstellbar, ebenso wenig die grün-rot-rote Option. Die Machtperspektive von Scholz ist deshalb denkbar klein.

Prädikat:

Stark gefährdet

Wirtschaftsminister (CDU)

Peter Altmaier

Als Peter Altmaier vor kurzem im WirtschaftsWoche-Interview gefragt wurde, ob 2020 das herausforderndste Jahr seiner Politikerkarriere gewesen sei, seufzte er kurz – und behalf sich dann mit einer Sepp-Herberger-Antwort: „Das schwerste Spiel ist immer das, das gerade läuft. Da muss man alles geben.“

Und das tat der Wirtschaftsminister: gemeinsam mit Olaf Scholz schnürte Altmaier beispiellose Rettungspakete, förderte und versilberte en masse (Batteriezellproduktion, Wasserstoff, Kohleausstieg). Und doch: mit jeder Milliarde, mit jedem weiteren Hilfsprogramm ging mehr und mehr die Linie der Rettungspolitik verloren, taten sich neue Widersprüche auf – und andere zentrale Projekte wie die EEG-Reform blieben halbherzig.

Was bleibt? Der unzweifelhaft gute Wille des Ministers – einerseits. Andererseits: eine Menge unfinished business.

Prädikat:

Unvollendet

Arbeitsminister (SPD)

Hubertus Heil

Eigentlich wäre der Niedersachse und zweimalige SPD-Generalsekretär am liebsten Bundeswirtschaftsminister geworden, aber als Verantwortlicher für Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik fühlt er sich inzwischen auch in seinem Element. Die Pandemie hat ihm einen zentralen Platz in der Rettungspolitik der Bundesregierung zugewiesen, denn über sein Ressort und die Bundesagentur für Arbeit werden das Kurzarbeitergeld und die entsprechenden Hilfsprogramme abgewickelt.

Heil verantwortet nicht nur den größten Etat aller Ministerien, er hat sich in einigen Feldern auch als Vordenker profiliert. Schon vor Corona trieb den Technikfan die Frage um, wie die sozialen Folgen der digitalen Transformation in der Industrie politisch abgefedert werden können. Das Nachdenken tat seiner Rauflust keinen Abbruch: Ob Lieferkettengesetz, Mindestlohnanhebung, Recht auf Homeoffice, Sonderregeln für Paketboten oder verschärfte Schutzbestimmungen für die Beschäftigten der Fleischindustrie – Heil hat sich seinen Ruf als Störenfried am Kabinettstisch der Groko redlich verdient. Obwohl die Unionsführer bei Merkel heftig darüber klagen, dass der Arbeitsminister seine politische Kreditlinie ständig überzieht, setzt er sich bei den meisten Streitthemen durch.

Für die Wirtschaft ist das eher schlecht, für Heils Perspektive in der SPD eher gut. Mit seinen 48 Jahren hat der Sozialdemokrat beste Chancen, die Führung seiner Partei zu übernehmen – vor allem wenn nach einer möglichen Wahlniederlage im Herbst ein strategischer Neuanfang in der Opposition erforderlich sein sollte.

Prädikat:

Raufbold mit Perspektive

Gesundheitsminister (CDU)

Jens Spahn

In der Coronakrise ist Gesundheitsminister Spahn omnipräsent. Morgens, mittags, abends nutzt er seine drei bis vier Minuten im Fernsehen, um neue Regeln gegen die Verbreitung des Virus zu präsentieren, um fürs Impfen zu werben oder Kritiker seiner Politik auch mal als unverantwortlich abzukanzeln. Es ist das Jahr für den Gesundheitsminister, der tatsächlich das Fleißkärtchen in der Regierung verdient hätte.

Neben Krisenmanagement betreibt er auch einige Gesetzesvorhaben quasi nebenher: zum Umbau der Pflege, zu den Krankenkassenfinanzen oder zur Versorgung durch Ärzte und Ärztinnen. All das – am wenigsten davon Corona - kostet Milliarden, die allerdings wohl erst nach der Bundestagswahl 2021 zu deutlich steigenden Beiträgen der Versicherten führen werden. Kaum ein Politiker ist derart geschult, sich öffentlich darzustellen, kaum einer nutzt dafür alle verfügbaren sozialen Medien im Stundentakt. Öfter irrt er auch mal oder liegt daneben: beim zweiten Lockdown etwa, bei der Beschaffung von Coronaschutz und Masken oder zum Impfen.

Spahn kennt sein Fach. Kritiker, auch in der eigenen Partei, werfen ihm allerdings vor, vor jedem Handeln immer sein eigenes Fortkommen zu bedenken. Im Team mit Armin Laschet will er an die Spitze der CDU – und langfristig sicher nicht nur das.

Prädikat:

Schweres Geschütz

Verkehrsminister (CSU)

Andreas Scheuer

Dass Andreas Scheuer (CSU) nach außen unbeeindruckt weiter an der Spitze des Verkehrsministeriums steht, zwang diesen Sommer selbst das sonst so seriöse ZDF zu einer ziemlich zugespitzten Frage: Warum ist Scheuer eigentlich noch im Amt?

Nun, wenig überraschende Antwort: Er durfte bleiben, weil Corona kam. Denn eigentlich mehrte sich Ende Februar innerhalb der Union das Geflüster, Scheuer müsse nun wirklich gehen. Und eigentlich hat ein Untersuchungsausschuss auch in den Pandemiemonaten weiter fleißig Belege gesammelt, was bei der Einführung der Pkw-Maut alles gehörig schieflief. Aber eine Kabinettsumbildung konnte die Kanzlerin in der aktuellen Lage nun wirklich nicht gebrauchen.

Prädikat:

Unbezwungen