Der Ursprung meiner Karriere
Ob Studium, Hobby oder erster Job – die verschiedenen Stationen im Leben prägen nicht nur die Persönlichkeit eines Menschen, sondern auch seine Karriere. Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft berichten,
wie sie wurden, was sie sind.
Thomas
Sattelberger
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Wenn die Augen nicht mehr blitzen: Lass es sein!
Thomas Sattelberger
FDP-Bundestagsabgeordneter und Expersonalvorstand Continental und Deutsche Telekom
Der Rebell
1967 war ich Teil der Unabhängigen Schülergemeinschaft Stuttgart. Wir machten mobil gegen die aufkeimende NPD oder die Kriegsgräuel in Vietnam. Auf dem Foto halte ich ein Schild; der mit dem Megafon
ist Joschka Fischer. Damals lernte ich „Management hands-on“. Es gab Betriebsgruppen, Stadtteilzeitungen, Demonstrationsaufrufe – und ich war meist für Koordination, Redaktion, Druck und Vertrieb
zuständig.
Sturm und Drang
Anfang der Achtzigerjahre war ich Bildungschef bei MTU. Lockiges Haar, Frauen- und Männerliebling – und Verfechter einer neuen Unternehmenskultur. Damals entstand mein Buch „Innovative Personalentwicklung“,
das es heute noch gibt. Ich entdeckte: Führen ist immer auch Dienen. Für meine frühmorgendlichen Seminaristen fuhr ich mit dem Fahrrad Kaffeekannen übers Werksgelände. Der MTU-Kantinenwirt war
sich dafür zu schade.
Die Kündigung
„Du Arschloch! Was erlaubst du dir?“ So lautete Jürgen Schrempps Reaktion, als ich 1993 meine Stelle als Leiter Bildung und Managemententwicklung bei der Daimler-Benz Aerospace kündigte. Als ich
mehr Geld und Karriere ablehnte, ging Schrempp für immer zum Sie über. Und ich verlor die Angst vor Brüchen, Quereinstiegen und großen Sprüngen. Der entscheidende Moment meines Berufslebens.
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: Privat (2), Kraufmann/STN
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn
Produziert mit Storyflow
Marco
Börries
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Viele smarte Leute haben Visionen. Am Ende machen die kleinen, unglamourösen Dinge den Unterschied.
Marco Börries
IT-Unternehmer
Der Gründer
Das Textprogramm StarWriter verhalf uns zum Durchbruch. 1985 hatte ich Star Divison gegründet – und die Schule geschwänzt, um während der Cebit am Stand eines Computeranbieters Demoversionen verteilen
und Kontakte zu Fachhändlern knüpfen zu können. Ich war 16 Jahre alt. Und hatte während eines Schüleraustausch schon am Gründergeist im Silicon Valley geschnuppert.
Die Expansion
Aus dem Schreibprogramm haben wir eine komplette Bürosoftware entwickelt – und sie auf jeden vierten deutschen PC gebracht. Auf der Cebit 1997, meine damals zweijährige Tochter war dabei, haben wir eine
Linux-Version davon vorgestellt – und auch eine Anbindung ans Internet. Die weltweite Expansion begann. Zwei Jahre später wurden wir von Sun Microsystems übernommen. Später habe ich zwei weitere
Firmen gegründet – und verkauft.
Der Neuanfang
2008 zog ich aus dem Silicon Valley zurück nach Deutschland. Im Gepäck hatte ich die Idee zu meiner vierten Firma: NumberFour bietet eine digitale Plattform für kleine Händler, Gastronomen und Dienstleister.
Nach acht Jahren Entwicklungszeit haben wir sie Ende 2017 gestartet. In dem Unternehmen sind alte Wegbegleiter engagiert. Meine Tochter und mein Sohn, die inzwischen studieren, arbeiten in den Semesterferien mit.
Redaktion: Varinia Bernau
Fotos: Privat, dpa Picture-Alliance
Gestaltung und Produktion: Sebastian Feltgen, Marcel Stahn
August-Wilhelm Scheer
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Das Leben ist für eine einzige Karriere zu schade.
August-Wilhelm Scheer
Gründer von IDS Scheer
Der Professor
Ich habe früh davon geträumt, Professor zu werden. Habe Informatik an der Universität Hamburg studiert, mir selbst das Programmieren beigebracht. 1975 erhielt ich an der Universität des Saarlandes den
Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik; mein erstes großes Ziel war erreicht. Ich entwickelte das Y-CIM-Modell, das Kunden-, Produkt- und Maschinendaten miteinander verknüpft und so die Prozesse von Unternehmen
effizienter gestaltet. Das Buch dazu wurde zu einem Standardwerk.
Der Gründer
Ich wollte immer herausfinden, wie nützlich die Ergebnisse meiner Forschung eigentlich sind. Da ich an der Universität keine kommerziellen Produkte entwickeln konnte, startete ich 1984 mit der IDS Scheer eine
zweite Karriere. Mit 43 Jahren war ich nicht gerade der typische Start-up-Gründer. Doch unsere Methode zum Geschäftsprozessmanagement verschaffte uns ein Alleinstellungsmerkmal, sodass wir schnell Großunternehmen
als Kunden gewinnen, uns internationalisieren und 1999 an die Börse gehen konnten.
Der Berater
1999 bot mir der Oppositionsführer im saarländischen Parlament an, Mitglied in seinem Wahlkampfteam für die CDU zu werden. Ich sagte zu. Nach der Wahl hätte ich Wirtschaftsminister werden können.
Ich lehnte ab, weil ich meinen Aufsichtsratsposten bei IDS Scheer behalten wollte. Ich beriet die Landesregierung in Innovationsthemen. Diese Funktion übe ich heute auch auf Bundesebene aus.
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: Privat
Grafik & Layout: Marcel Stahn
Michael Käfer
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Vorleben ist eine zeitlose Form der Führung.
Michael Käfer
Gastronom
Das P1
1984 erwarb mein Vater den Pachtvertrag für den legendären Club. Und überließ ihn mir. Ich wollte nach Betriebswirtschaft noch Politik studieren und dachte mir: Super, tagsüber studieren, abends
den Club führen. Ich habe aber schnell gemerkt, dass das ein Ganztagsjob ist. Unsere Mottopartys waren ziemlich legendär. Und viele Weltstars waren da: die Rolling Stones, Tina Turner, Prince und Queen. Eine
tolle Zeit.
Die Expansion
Ab Mitte der Neunzigerjahre trieb ich die Expansion voran. Wir bauten das Lizenzgeschäft aus, internationalisierten den Partyservice und übernahmen die Gastronomie im Deutschen Bundestag. Auch in Tokio und Shanghai
betreiben wir heute mit Partnern verschiedene Konzepte. Und erwirtschaften mit mehr als 1400 Angestellten etwa 145 Millionen Euro Umsatz.
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: dpa, Privat, Getty Images/Gisela Schober,
Grafik & Layout: Marcel Stahn & Sara-Verena Adamsky
Nico
Hofmann
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Karriere lässt sich nicht wirklich planen.
Tatsächlich entstand sie für mich durch Begegnungen mit prägenden Persönlichkeiten.
Tatsächlich entstand sie für mich durch Begegnungen mit prägenden Persönlichkeiten.
Nico Hofmann
Regisseur, Filmproduzent und Geschäftsführer Ufa
Der Start
Als Schüler (links) haben mich vor allem zwei Dinge interessiert: Journalismus und Film. Mitte der Siebzigerjahre, da war ich 17, habe ich zusammen mit anderen Jugendlichen und Schauspielern vom Nationaltheater Mannheim
im Super-8-Format meinen ersten richtigen Film gedreht: „Ballwechsel“. Da habe ich gewusst: Filmemachen soll mein Beruf werden.
Der Jungregisseur
Für die Serie „Schulz & Schulz“ arbeitete ich Anfang der Neunzigerjahre mit Götz George zusammen. Anfangs eine sehr schwierige Begegnung: Er war ein Star, hochgradig energiegeladen, ich ein unerfahrener
Art-house-Regisseur. Daraus entstand jedoch eine der wichtigsten Freundschaften in meinem Leben. Sie hat mich auch beruflich stark geprägt.
Der Produzent
Wie Götz George war Bernd Eichinger eine echte Naturgewalt – als Regisseur und Produzent über Jahrzehnte die Über-Figur des deutschen Films. Bernd wurde durch den Erfolg von „Der Sandmann“
auf mich aufmerksam. Er rief an: „Komm bitte sofort nach München.“ Und kurz darauf saß ich mit ihm beim Italiener. Dann ging es sofort darum, einen Exklusivvertrag zu schließen. Durch Bernd
entdeckte ich meine Liebe zum Produzieren.
Redaktion: Peter Steinkirchner
Fotos: IMAGO, Privat
Grafik & Layout: Marcel Stahn & Sara-Verena Adamsky
Rudolf Wöhrl
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Wer fragt, was er verdienen kann, wird nie Leidenschaft für seinen Beruf empfinden.
Hans Rudolf Wöhrl
Unternehmer
Der Schulabbrecher
Es fiel mir schon als Kind schwer, etwas gegen meinen Willen tun zu müssen. Ein Angestelltenverhältnis war für mich nie eine Option. Aber dann brach ich in der 12. Klasse meine Schulkarriere ab – und
mir blieb nichts anderes übrig, als mit einer Ausbildung zu beginnen.
Der Kaufmann
Mit 18 Jahren beschloss ich, in Nürnberg eine Boutique zu eröffnen.
Ich nannte sie, inspiriert durch ein Schuljahr in London, wo es im Westend ein Einkaufsviertel gleichen Namens gibt, „The Carnaby Shops“. Geld hatte ich wenig. Daher stammte die Einrichtung vom Schrottplatz – und die Ware von mutigen Lieferanten, die wir mit den Umsätzen der ersten Tage bezahlten. Der Erfolg war sensationell. Später, nach meiner Prüfung zum Einzelhandelskaufmann, bezeichnete mich der Vorsitzende des Ausschusses als ersten selbstständigen Lehrling.
Ich nannte sie, inspiriert durch ein Schuljahr in London, wo es im Westend ein Einkaufsviertel gleichen Namens gibt, „The Carnaby Shops“. Geld hatte ich wenig. Daher stammte die Einrichtung vom Schrottplatz – und die Ware von mutigen Lieferanten, die wir mit den Umsätzen der ersten Tage bezahlten. Der Erfolg war sensationell. Später, nach meiner Prüfung zum Einzelhandelskaufmann, bezeichnete mich der Vorsitzende des Ausschusses als ersten selbstständigen Lehrling.
Der Pilot
1969 begann ich mit einer Ausbildung zum Privatpiloten. Mir wurde schnell klar, dass die Sportfliegerei schön, aber wenig nützlich ist. Deshalb erwarb ich meine Berufspilotenlizenz und gründete den Nürnberger
Flugdienst. Daraus entwickelte sich die heutige Eurowings. Meine Neugierde habe ich mir erhalten. Ich beteilige mich an Start-ups, will mit jungen Menschen Neues schaffen.
Redaktion: Rüdiger Kiani-Kress
Fotos: IMAGO, Privat, LAIF
Grafik & Layout: Marcel Stahn & Sara-Verena Adamsky
Simone Menne
„
Ich bin neugierig und liebe die Vielfalt, die ich derzeit in meinen Aufsichtsratsmandanten erfahre.
Simone Menne
Multi-Aufsichtsrätin
Der Anfang
Ich bin Einzelkind, und meine Eltern haben beide gearbeitet. Also wuchs ich in der besten aller Welten auf – genoss Geborgenheit und Freiheit. Ich ging schon früh, 1967, auf den Straßen von Kiel
auf Abenteuersuche und konnte abends davon berichten. Vielleicht die Grundlage dafür, dass ich gern Risiken eingehe. Trotzdem studierte ich nicht Kunst und Design, obwohl das mein Wunsch war. Sondern folgte dem
Rat meiner Eltern: „Mach erst mal etwas Vernünftiges!“ Deshalb absolvierte ich eine Ausbildung zur Gehilfin in wirtschafts- und steuerberatenden Berufen. Anschließend studierte ich BWL.
Das Abenteuer
Nach dem Studium habe ich ab 1987 in der Revisionsabteilung des amerikanischen Konzerns ITT in Frankfurt gearbeitet; zwei Jahre später ging ich zur Lufthansa. Das erste große Abenteuer erreichte mich, als ich
1995 nach Lagos zog, um von Nigeria aus die kaufmännischen Geschicke des Konzerns für Westafrika zu ordnen. Hier musste ich eine Balance finden zwischen Pragmatismus, Improvisation und Compliance. Außerdem
sammelte ich erste Führungserfahrung, lernte eine andere Kultur kennen.
Die Managerin
Für die Lufthansa arbeitete ich in Norderstedt, Paris und London, 2012 wurde ich Finanzvorständin. Als erste Frau auf so einer Position im Dax erhielt ich erneut die Chance, viel zu lernen – und mit
herausragenden Menschen zusammenzuarbeiten. Aber meine Neugier trieb mich einmal mehr weiter. Ich heuerte als Finanzvorständin bei Boehringer Ingelheim an und wage seit 2018 – neben Aufsichtsratsmandaten
bei BMW und der Deutschen Post – einen Neustart als Galeristin. Mal sehen, was noch kommt. Wie heißt es im „Faust“ so schön? Wer zum Augenblicke sagt: „Verweile doch, du bist so
schön“ – der droht, zugrund’ zu geh’n.
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: Privat
Grafik & Layout: Marcel Stahn
Tarek Müller
„
Wir respektieren den Input aller Mitarbeiter. Aber wenn wir Entscheidungen fällen, wollen wir nicht, dass darüber noch ewig diskutiert wird.
Tarek Müller
Chef des Onlinemodehändlers About You
Der Schüler
2002, ich war damals 13, baute ich zunächst hobbymäßig Websites. Als ich sie mit Werbung monetarisierte, wurde daraus ein Geschäftsmodell. Der Start ins echte Unternehmertum? Die erste Gewerbeanmeldung
2004. Weil ich erst 15 war, mussten meine Eltern für mich unterschreiben. Ein Jahr später folgte der Einstieg ins E-Commerce-Geschäft mit zwei Onlineshops, einem für Pokerkoffer und einem für
orientalische Wasserpfeifen.
Der Student
Um das Wachstum der Onlineshops und den entsprechenden Kapitalbedarf für Ware und Logistik zu finanzieren, gründete ich 2009 meine erste Digitalagentur und beriet Unternehmen wie Google oder Nike. Nach zwei Jahren
zählte ich mehr als 70 Mitarbeiter, 2013 verkaufte ich die Firma an die Otto Group.
Das Einhorn
2014 startete ich zusammen mit der Otto Group und meinen Mitgründern About You, nach der letzten Investitionsrunde ist unser Unternehmen mehr als eine Milliarde US-Dollar wert – ein sogenanntes Einhorn. Davon
gab es in Deutschland vor uns erst fünf. Ein Meilenstein. Ein Traum.
Redaktion: Daniel Rettig
Fotos: PR, Hamburger Abendblatt/Jochen Gipp, Laif/Christian O. Bruch
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn
Produziert mit Storyflow
Karen Heumann, Dirk Rossmann oder Roland Berger: Entdecken Sie weitere Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft.
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