Der Ursprung meiner Karriere
Ob Studium, Hobby oder erster Job – die verschiedenen Stationen im Leben prägen nicht nur die Persönlichkeit eines Menschen, sondern auch seine Karriere. Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft berichten, wie sie wurden, was sie sind.

Hermann
Bühlbecker

Man muss immer bereit sein, das Bestehende zu ändern, damit das Ganze so bleibt, wie es ist. Wer damit aufhört, gehört langfristig zu den Verlierern“
Hermann Bühlbecker
Inhaber von Lambertz
Die Leidenschaft
Beim Tennis war ich schon mit sechs Jahren so ehrgeizig, dass ich an der Trainingswand erschöpft auf dem Boden einschlief. Dass Profispieler kein Job auf Lebenszeit ist, wurde mir als Jugendlicher klar. Doch mit 800 Mark im Monat fürs Spielen in der höchsten Meisterschaftsklasse und Einnahmen aus Trainerstunden, die ich gab, war ich immerhin unabhängig von meinen Eltern und konnte mir als Student einen schicken Sportwagen, einen Triumph Spitfire, leisten.
Der Job
1976, da war ich 26 Jahre alt, betrat ich zum ersten Mal die Printenfabrik von meiner Mutter, meiner Tante und meinem Onkel. Der einstige Hoflieferant von Preußen und Belgien war verstaubt und in der Krise, Riesenschulden drückten. Es liefen Gespräche, um das Unternehmen zu verkaufen. Ich hatte gerade mein BWL-Studium in Nürnberg beendet, auch promoviert, und sollte nun Lambertz retten – für mich überraschend, aber auf Wunsch meiner Familie. Es war ein Abenteuer, fast ein bisschen leichtsinnig.
Die Werbung
Mit meinem Onkel als Geschäftsführer folgte ein diplomatischer Balanceakt, weil ich so viele Veränderungen im Sortiment, bei Verpackungen und Vertrieb vornehmen musste. Aus 120 Mitarbeitern in der Saison wurden 4000 in 20 Süßwarenunternehmen. Ich wurde Markenbotschafter. Und viele Prominente halfen mir, Lambertz bekannter zu machen. Und wir sind sozial engagiert. Elf Jahre lang habe ich die Clinton Global Initiative im Kampf gegen Armut unterstützt.
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: Privat (2), DDP Images
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn & Sebastian Feltgen
Produziert mit Storyflow

Melanie
Kreis

Meine Zeit als Vorstand für Personal und Finanzen hat mich bekräftigt, dass Zahlen und Menschen sich wunderbar ergänzen.
Melanie Kreis
Finanzvorstand bei der Deutschen Post
Ab ins All
Als Kind wollte ich Astronautin werden, aber dieser Traum hat sich in der Oberstufe zerschlagen. Ich bekam eine Brille, und auf der Kirmes wurde mir im Karussell fürchterlich schlecht. Ich habe dann Physik studiert, um die fundamentalen Zusammenhänge der Welt zu verstehen. Wir haben viel experimentiert. Aber ich wusste nicht, wo mich das hinführt. Über ein Praktikum bei McKinsey bin ich in die Wirtschaft gekommen.
Um die Welt
Schon als Schülerin war ich von der großen weiten Welt fasziniert. So reiste ich mit 16 das erste Mal nach Indien, ging als Austauschschülerin in die USA, studierte später unter anderem in Frankreich, arbeitete in London. Heute habe ich das Glück, im internationalsten Unternehmen der Welt zu arbeiten und mit Kollegen aus vielen Ländern zu tun zu haben. Wir sitzen alle in einem Boot auf diesem kleinen blauen Planeten.
Back to Bonn
Seit 2004 bin ich zurück in Bonn bei der Deutschen Post, seit 2014 im Vorstand, zunächst zuständig für Personal, seit 2016 für Finanzen. Langweilig war es nie. Ein besonderer Moment war 2008 der Verkauf der Postbank: Am Freitag besiegelten wir den Deal, am Montag darauf begann nicht nur mein Mutterschutz, es war auch der Tag der Lehman-Brothers-Pleite. Eine Punktlandung und ganz klar: auch ein Quäntchen Glück.
Redaktion: Jacqueline Goebel
Fotos: Privat, Presse, imago-images
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn & Sebastian Feltgen
Produziert mit Storyflow

Günther
Schuh

„Wir Ingenieure in Deutschland verkaufen uns oft unter Wert. Man muss ein Produkt aber erklären und vermarkten können. Guter Vertrieb ist dazu erforderlich!“
Günther Schuh
Professor an der RWTH Aachen und Gründer von e.Go Mobile
Bastler
Hier sieht man mich in meinem ersten Auto: ein Kettcar, das mir mein Vater aus Stahlprofilen gebaut hat, als ich vier Jahre alt war. Als Kind habe ich viel geschraubt und konstruiert: Seifenkisten, Modellflugzeuge, allerlei Geschosse. Meine Mofas waren doppelt so schnell wie die meiner Freunde. Mit 14 half ich im Metallbaubetrieb meiner Großeltern. Bei Opa an der Kaffeetafel wurde über die Geschicke der Firma diskutiert – und ich war mit großer Klappe mittendrin.
Ingenieur
Es war klar, was aus mir werden würde: In meiner Familie waren alle Ingenieure. Die Krönung war der „Dipl.-Ing.“. Weil ich Herausforderungen mochte, wollte ich den in Aachen machen, schließlich galt die RWTH als anspruchsvollste Uni. Das Vordiplom zu schaffen war wie eine Droge. Ich schloss das Studium in Rekordzeit ab. Im Alter von 23 Jahren. Danach begleitete ich meinen Vater zehn Wochen als Adlatus zu Kunden in Südafrika – hier 3000 Meter tief in einer Goldmine.
Unternehmer
Von da an habe ich vor allem für die Autoindustrie gearbeitet. Teile meiner Promotion flossen in das revolutionäre Baukasten-System von Volkswagen ein. 2001 erhielt ich einen Lehrstuhl in Aachen. Da kam mir die Idee für einen Campus, auf dem Forscher und Unternehmen Innovationen entwickeln. Nun fertigen wir in Aachen sogar selbst Autos. Einen e.Go Life habe ich meinem Vater zum 99. Geburtstag geschenkt: 55 Jahre, nachdem er mir ein Auto gebaut hatte.
Redaktion: Andreas Menn
Fotos: Laif/Specht, Privat (2)
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn

Gerhard Strate

Die Idiotendichte wird immer größer
Gerhard Strate
Strafverteidiger
Irrtum
Erst wollte ich Soziologie studieren, um die Gesellschaft zu verstehen. Jura wählte ich dann aber, um meiner Mutter einen Gefallen zu tun und etwas Seriöses zu machen. Als Flüchtlinge waren meine vier Geschwister und ich mit ihr gemeinsam 1953 aus Thüringen in Hamburg gelandet. Aus Versehen, denn eigentlich wollte sie mit uns damals in den Flieger nach München steigen. Hamburg blieb ich dafür dann lebenslang treu.
Gerechtigkeit
Bei einer Demo gegen Fahrpreiserhöhungen wollte ich verhindern, dass vier Polizisten einen Mann mit Kinderlähmung gewaltsam festnahmen. So wurde ich selbst wegen versuchter Gefangenenbefreiung und Widerstand gegen die Staatsgewalt angeklagt. Die Urteilsbegründung war für mich völlig unverständlich – und dieses Verfahren der Grundstein für meine späteren Wiederaufnahmeverfahren von Opfern von Justizirrtümern wie dem vermeintlichen Sexualmörder Holger Gensmer.
Dankbarkeit
Wenn ich einen Klienten wie den Porsche-Großaktionär Ferdinand Piëch habe, kann ich es mir leisten, wieder einen Monat einen Mittellosen zu verteidigen. Was ich gelernt habe: Die Justiz ist wegen ihrer Fehlurteile manchmal schwer zu ertragen. Man muss ein dickes Fell haben. Dankbarkeit zeigen die Mandanten selten, nur Monika Böttcher – die verteidigte ich gegen den Vorwurf des Mordes an ihren beiden Töchtern – schickt mir jedes Jahr zu Weihnachten eine Flasche Rosé-Champagner.
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: dpa, PR
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn

Hans-Ewald
Reinert

Ob im Tennis oder im Geschäft, für mich gilt immer: Der letzte Ball entscheidet
Hans-Ewald Reinert
Fleischfabrikant und Erfinder der Bärchen-Wurst
Aufgeben
Eigentlich wollte ich Tennisprofi werden, aber nachdem ich mit 13 Jahren meine Bewertung auf der Trainerbank fand, ließ ich es bleiben: Sehr ehrgeizig, aber nicht genug Talent für eine Profikarriere, stand da. Wenig später zerlegte ich schon Schweinehälften, arbeitete nach der Schule zweimal pro Woche in der Fabrik meines Vaters. Das Geld steckte ich in eine Yamaha-Hi-Fi-Anlage.
Gruseln
Im BWL-Studium kam ich rum in der Welt: Bei einem Praktikum in China verlor ich viele Kilos, weil das Essen so gruselig war, dass ich mich nur von harten Keksen ernährte. Das hatte ich als Überlebensstrategie beim Militär gelernt. Später bei einem weiteren Praktikum in der Traditionsmetzgerei Vinzenz Murr in München sprach ich als einziger Englisch: Eine Amerikanerin kaufte nur bei mir – mit Riesenbons über 180 Mark.
Anpacken
Mit der Maueröffnung begann mein erster Job im Familienunternehmen. Ich wollte die Fleischtheken im Osten erobern, fuhr die Wurst in Görlitz und Dresden selbst aus. 17 Millionen Mark Umsatz schaffte ich im ersten Jahr. Nur mit Thekenware, Abgepacktes gab’s noch nicht. Den nächsten Schub brachte meine Bärchenwurst. Und beim Tennis habe ich es immerhin zum Clubpräsidenten gebracht.
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: PR
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn

James
Dyson

Wenn ich ein neues Ding rausbringe, denke ich nicht daran, wie viel Geld ich damit verdienen könnte. Geld hat mich nie angetrieben.
James Dyson
Britischer Staubsaugermilliardär
Entdecker
Als Kind (vordere Reihe, Mitte), das im ländlichen Norfolk in England und obendrein in einer Familie von Geisteswissenschaftlern aufwuchs, wusste ich nicht einmal, was ein Ingenieur ist – geschweige denn, dass ich eines Tages einer werden würde. Ich hatte ja noch nie einen getroffen! Nach der Schule zog ich nach London und entdeckte sehr schnell, wie erfüllend die Welt des Designs und der Technik sein kann.
Erfinder
Mein erstes Projekt als Ingenieur war der Sea Truck – ein schnelles militärisches Sturmboot, das von dem britischen Erfinder Jeremy Fry erschaffen wurde. Fry war eine wahre Inspiration für mich. Er ließ mich völlig frei arbeiten, übertrug mir von Anfang an große Verantwortung, was für mich den Grundstein legte, einmal selbst ein Unternehmen zu leiten. Learning by doing – diese Maxime gilt für alles, was ich bisher getan habe.
Entrepreneur
Anfangs wollte ich nur einen Staubsauger bauen, der besser funktioniert. Das war alles. Bis das erste Modell richtig lief, habe ich in meiner Werkstatt 5127 Prototypen gebaut. 5126 Mal scheitern und von vorn beginnen. Viele hätte das vielleicht frustriert. Ich sah eine Chance, zu lernen. Heute bietet Dyson auch Leuchten, Händetrockner, bald sogar ein Elektrofahrzeug an. Meine Motivation blieb unverändert: Ich will Probleme lösen.
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: Mauritius Images/Carta Image/Alamy, Privat (2), dpa
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn & Sara-Verena Adamsky
Produziert mit Storyflow

Manfred
Bissinger

Ich bin immer sehr ehrgeizig gewesen und wollte aus allem immer das Beste machen.
Manfred Bissinger
Publizist
Ausdenken
Als Kind ließen mich meine Eltern aus meinem dicken Märchenbuch immer ein paar Seiten lesen und dann die Geschichte selber weitererzählen. Das förderte meine Fantasie. Schon damals wollte ich immer alles ganz genau wissen. Diesem Antrieb bin ich mein Leben lang gefolgt. Meine journalistische Karriere begann in Oberschwaben. Von dort zog es mich weiter nach Hamburg.
Aufklären
1967 engagierte mich Henri Nannen (Bild Mitte) für den „Stern“. Meine Aufgabe: die Leserbriefredaktion. Ich wollte investigativer Reporter werden, da war das natürlich nicht meine Traumstelle. Ich konnte sie als Sprungbrett nutzen und habe viel von Nannen gelernt: Er hatte ein Gespür für die Stimmung im Land. Er brüllte auch schon mal. Aber das ging vorbei. Und vor allem: Er vergaß sofort.
Anstoßen
1993 gründete ich gemeinsam mit Thomas Ganske ein eigenes Blatt: „Die Woche“. Wir wollten für das wiedervereinigte Deutschland die Debatten zu Politik, Wirtschaft und Kultur befördern. Unsere Haltung: links der Mitte. „Die Woche“ hat Zeitungsgeschichte geschrieben. Mit 73, vor fünf Jahren, wurde ich noch mal Unternehmer: Ich machte mich mit einer eigenen Agentur selbstständig.
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: Privat (3), Picture-Alliance/dpa
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn & Sebastian Feltgen
Produziert mit Storyflow

Stefan
Glowacz

Das ist das größte Privileg der Jugend – früh eine Leidenschaft zu erkennen und gefördert zu werden. Wenn dies zusammenkommt, entstehen außergewöhnliche Karrieren
Stefan Glowacz
Gründer, Profi-Abenteurer
Novize
Meiner Schwester und mir ist das Bergsteigen quasi in die Wiege gelegt worden. Wir sind in der Nähe von Garmisch, nah an den Alpen, aufgewachsen. Ich konnte noch kaum richtig laufen, da nahmen meine Eltern uns schon mit in die Berge. Als ich 13 Jahre alt war, schickten sie mich in einen Kletterkurs – und das war für mich wie eine Offenbarung. Der perfekte Sport, der alle meine Sehnsüchte befriedigte.
Symbolfigur
In meiner Jugend gab es keine Kletterhallen. Die ganze Szene entstand gerade erst. 1985 fand der erste offizielle Wettbewerb in Europa statt, in Bardonecchia in Italien. Und ich gewann. So wurde ich zur Symbolfigur einer neuen Klettergeneration. 1992 gewann ich bei den Olympischen Spielen den Demonstrationswettbewerb, im nächsten Jahr in Tokio wird Klettern nun tatsächlich olympisch.
Motivator
Nach der Wettkampfkarriere habe ich mit Red Chili eine Klettermarke gegründet. Zudem halte ich Vorträge über meine Expeditionen und die Lehren, die man auch als Unternehmer und Manager daraus ziehen kann. Dazu gehört es, nicht aufzugeben – wie 2018, als wir zu dritt zu Fuß mit Zugdrachen 1000 Kilometer quer durch Grönland gezogen sind, bei bis zu minus 40 Grad. Da ist uns die Zeit davongelaufen.
Redaktion: Peter Steinkirchner
Fotos: imago-images, Privat (3)
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn & Sebastian Feltgen
Produziert mit Storyflow
Jochen Kienbaum, Jens Ehrhardt oder Bodo Ramelow: Entdecken Sie weitere Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft.

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