Der Ursprung meiner Karriere
Ob Studium, Hobby oder erster Job – die verschiedenen Stationen im Leben prägen nicht nur die Persönlichkeit eines Menschen, sondern auch seine Karriere. Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft berichten, wie sie wurden, was sie sind.

Floris van
Bommel

„Um weiser zu werden, braucht man Fragen, keine Antworten.“
Floris van Bommel
Schuhhersteller
Bruderliebe
Meine Mutter liebte es, meinen älteren Bruder Reynier und mich gleich anzuziehen. Die Leute auf der Straße fragten, ob wir Zwillinge seien. Wir sind seither eng verbunden, auch wenn aus ihm ein korrekter Student und aus mir ein alternativer Rockmusikliebhaber wurde. Unseren jüngeren Bruder Pepijn haben wir damals ignoriert. Heute führen wir alle gemeinsam die Firma.
Outing
Die eineinhalb Jahre, die ich nach der Schule zum Studieren und Arbeiten durch Europa reiste, waren das Ende meiner Jugend. Meine Freunde waren woanders, ich war technisch und seelisch obdachlos. Hinzu kam mein persönliches Coming-out als Schwuler wenige Tage vor der Abreise. Doch diese Erfahrung ließ mich zu dem werden, was mein Vater erhofft hatte: ein unabhängiger Mann.
Trendsetter
Als ich im Familienunternehmen anfing, wurden mir gleich die Aufgaben des Kreativdirektors zugeteilt. Enthusiastisch und eigensinnig, wie ich war, begann ich, die Arbeit nach persönlichen Vorlieben auszurichten. Ich entschied, dass die Musik, die ich auf meinem Dachboden spielte, perfekt zu unseren Werbespots passe. Und meine Wortspiele landeten als Slogans auf unseren Schuhsohlen.
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: Privat (2), Laif
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn & Sebastian Feltgen
Produziert mit Storyflow

Ulrich
Lehner

Das Leben ist voller Zufälle, und man muss Glück haben, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein.
Ulrich Lehner
Multi-Aufsichtsrat
Früh in Führung
Aufgewachsen bin ich mit drei Geschwistern in Düsseldorf, wo meine Eltern eine Holzhandlung hatten. Sport war meine Leidenschaft, dreimal wurde ich Stadtschulsportmeister im 1000-Meter-Lauf. Schon am Gymnasium führte ich Menschen: als Schulsprecher und Jugendgruppenleiter. Im Schulorchester spielte ich Bass. Als Bundeswehr-Leutnant lernte ich, wie unterschiedlich der liebe Gott die Menschen macht.
Gute Chefs
Meinen ersten Job als Wirtschaftsprüfer trat ich mit 30 Jahren bei KPMG an. Sechs Jahre später, 1981, kam ich durch Zufall zu Henkel, wo ich es bis zum Vorsitzenden der Geschäftsführung bringen sollte: Der Familienkonzern bot mir überraschend einen Job an, weil er durch ein Unglück gleich zwei Nachwuchskräfte verloren hatte. Ich hatte das Glück, immer gute Lehrer und Chefs zu haben.
Viel Kontrolle
Es folgten etliche Aufsichtsratsposten etwa bei E.On, Porsche oder Thyssenkrupp. Was ich gelernt habe: Scheitern Familienunternehmen, liegt es meist an der Familie. Meine Devise: Enttäuschungen darf ich gar nicht erst zulassen. Am erfolgreichsten war aber meine Ehe. Immerhin habe ich meine Frau Johanna schon mit 18 kennengelernt, wir bekamen drei Kinder. Nächstes Jahr ist goldene Hochzeit.
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: Privat(2), Getty Images, Picture-Alliance/dpa
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn & Sebastian Feltgen

Sigrid Nikutta

„Menschen machen Unternehmen erfolgreich! Da hilft es enorm, die Menschen und ihre Motive zu verstehen“
Sigrid Nikutta
Vorstandsvorsitzende der Berliner Verkehrsbetriebe
Schrauberin
Schon als Jugendliche waren Maschinen meine Welt: Mit 14 Jahren wünschte ich mir zu Weihnachten einen Schlagbohrer – als ich einen Akkuschrauber bekam, war ich sauer. Als ich mit 16 nach England reiste, begeisterte mich am meisten die Brücke von Telford, die älteste Eisenbrücke der Welt. Mein erstes Auto musste natürlich eines sein, das ich selber reparieren konnte. Bis heute kann ich helfen, wenn ein Auto bei Regen nicht anspringt.
Exotin
Studiert habe ich trotzdem was anderes, nämlich Psychologie. Als ich 1996 von einem Mittelständler zur Bahn wechselte, war meine Einstellung als Psychologin für das Management etwas Exotisches. Genauso exotisch schien es, dass der Güterverkehr bald mein Arbeitsschwerpunkt wurde – dabei konnte ich hier an meine alten Leidenschaften anknüpfen. Als ich die Bahn verließ, war ich technischer Vorstand der DB Schenker Rail Polska.
Bahnfahrerin
„Der Knochenjob geht an eine Frau“, titelte eine Zeitung, als ich 2010 zur Vorstandsvorsitzenden der Berliner Verkehrsbetriebe berufen wurde. Seit dem Krieg schrieb die BVG rote Zahlen. Mit meinem Team von 15 000 Kollegen und Kolleginnen bin ich für drei Millionen Fahrgäste täglich die BVG. Seit 2014 auch mit schwarzen Zahlen und coolem Image. Einen Tag pro Woche verbringe ich statt im Büro in Bussen und Bahnen der BVG.
Redaktion: Elisabeth Niehjahr
Fotos: Privat, imago images, PR
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn
Produziert mit Storyflow

Ildikó von Kürthy

„Den richtigen Beruf hat man, wenn man mit Leidenschaft und Verantwortung das tut, wobei man die Zeit vergisst. Es ist nicht wichtig, Karriere zu machen. Es ist wichtig, Erfüllung zu finden und nicht nach den Vorstellungen anderer zu leben“
Ildikó von Kürthy
Bestsellerautorin
Reden
Mein Vater war blind. Sobald ich laufen konnte, habe ich ihn geführt, und sobald ich sprechen konnte, habe ich ihm erzählt, wie die Welt aussieht. „Papa, Stufe!“, war einer meiner ersten Sätze. Sprache war unser Kontaktmedium, sein Lebenselixier, und es wurde auch meines. Bis heute bin ich besser im Reden als im Schweigen, und ich habe nie aufgehört, zu beschreiben, was ich sehe.
Schreiben
Ich war Anfang 20, als ich bei der Zeitschrift „Eltern“ in München ein Praktikum machte. Auf Schreibmaschine verfasste ich meinen ersten Artikel: „Wenn der Papa vom Sockel fällt“. Ich schrieb und wusste, dass ich weder etwas anderes so gut kann, noch etwas anderes tun wollte. Die Angst, keinen eigenen, guten Weg, keine nachhaltige Bestimmung zu finden, war vorbei.
Weitersuchen
Meine Eltern starben kurz hintereinander, als ich Mitte 20 und Redakteurin beim „Stern“ war. Vielleicht brauchte und brauche ich deswegen mehr als andere das Gefühl von Sicherheit und Beständigkeit. Es dauerte jedenfalls noch ein paar Jahre, bis ich es wagte, zu kündigen, selbstständig zu arbeiten und mich mehr und mehr auf das Schreiben von Büchern zu konzentrieren.
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: Privat (3), PR
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn
Produziert mit Storyflow

Matthias Prinz

Wenn ich belogen werde, lege ich das Mandat nieder
Matthias Prinz
Staranwalt
Nie aufgeben
Mit zwölf Jahren nahm mich ein Schulkamerad zum Taekwon-do-Training mit, so kam ich zu der Kampfkunst. Mit 18 Jahren war ich Schwarzgurt und kämpfte in der deutschen Nationalmannschaft gegen Korea. Als ich dann bei der dortigen Weltmeisterschaft in Korea gegen den koreanischen Titelverteidiger knapp verlor und ordentlich Prügel bekam, lernte ich: „Never give up.“ Eine Gerichtsverhandlung ist auch ein Zweikampf im Ring – nur mit anderen Regeln und anderer Kleidung.
Immer fragen
Als Doktorand führte mich mein Professor Hein Kötz in die ökonomische Analyse des Rechts ein: Auf die Frage „Warum schützen wir Eigentum?“ war die Antwort nicht „Weil der Gesetzgeber das so wollte“, sondern „Wenn wir den Bauern nicht garantieren, dass sie ernten können, werden sie nicht säen und die Gesellschaft verhungert“. In Harvard lernte ich danach 1982: Die einzigen Fragen, die ihr jemals bereut, sind diejenigen, die ihr nicht stellt. Was grundsätzlich gilt, jedoch nicht im Gerichtssaal.
Netze knüpfen
Karl Lagerfeld wurde 1989 mein Mandant, als ich gerade vier Jahre Anwalt war. „Bild“ hatte berichtet, er habe einen Behinderten aus einem Flugzeug werfen lassen – mit der Schlagzeile „Ich bin Lagerfeld, entfernen Sie den Krüppel“. Als ich ihn ungläubig fragte, ob das frei erfunden sei, sagte er, dass er seit Jahren nur noch Privatjets fliege. Wir haben seine Ansprüche voll durchgesetzt, mein Freund Karl empfahl mich weiter. Ihm verdanke ich Prinzessin Caroline von Hannover und Helmut Newton als Mandanten.
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: Privat (3), imago-images
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn & Sebastian Feltgen
Produziert mit Storyflow

Johann
Lafer

Für jemanden zu kochen ist aus meiner Sicht eindeutig ein Akt der Nächstenliebe.
Johann Lafer
Starkoch
Die Heimat
In Graz 1957 geboren, wuchs ich in der Steiermark bei St. Johann auf dem elterlichen Bauernhof auf. Meine Mutter ist eine fantastische Köchin, und wir Kinder mussten natürlich auf dem Hof helfen. Mit neun Jahren buk ich meine erste Biskuitrolle. Ich hätte auch Priester werden können, war zehn Jahre Ministrant, doch das Studium war zu teuer. So begann ich eine Kochlehre im Gösser Bräu in Graz. Ich war sehr ehrgeizig, perfektionistisch und deswegen bei den anderen Kollegen gar nicht so beliebt.
Die Karriere
Weil mein Schnauzbart ein so guter Kontrast zu den weißen Zähnen sei, castete man mich für Zahnpastawerbung – also blieb er für immer. Entscheidend in meiner Karriere war der Schritt 1983 nach Guldental ins Sternerestaurant Le Val d’Or, das meine spätere Ehefrau Silvia Buchholz führte. Wir ergänzten uns super, kreierten neue Gerichte und kamen uns näher. Seit 1990 sind wir verheiratet und haben zwei erwachsene Kinder. Unsere Nachfolger aber werden sie nicht.
Der Abschied
Daher haben Silvia und ich Hotel und Restaurant auf der Stromburg im Hunsrück in diesem Jahr an unsere Partner übergeben. Der Abschied fiel mir schwer und war viel emotionaler als gedacht. Aber nun fühle ich mich befreit. Ich werde mich vielen Herzens- und kulinarischen Projekten widmen, die ich zuvor aus Zeitgründen immer zurückstellen musste. Meine Hubschrauberflüge für Feinschmecker werde ich weiter durchführen. Mein Terminkalender ist jedenfalls schon bis Ende des Jahres gefüllt.
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: Privat (3), imago-images
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn & Sebastian Feltgen
Produziert mit Storyflow

Reinhold
Messner

Das selbstbestimmte Leben war und bleibt meine Prämisse, sine qua non.
Reinhold Messner
Abenteurer, Museumsbesitzer
Bergkletterer
In Kindertagen war ich ein begeisterter Felskletterer. In der Obhut des Vaters und zusammen mit meinen Brüdern meisterte ich Hunderte Kletterrouten in den Dolomiten, den Ortler-Bergen und später im gesamten Alpenraum. Mit 20 war ich ein extremer Kletterer, mit dem Anspruch, neue, immer schwierigere Linien in den Bergen zu finden, die ich mit einem Minimum an Hilfsmitteln bewältigen wollte. Free-Solo-Klettern wurde die ultimative Herausforderung.
Bergsteiger
Nach der Durchsteigung der höchsten Wand der Welt, dem Lawinentod meines Bruders und dem Verlust von sieben Zehen wegen Erfrierungen war meine Kletterkarriere vorbei. Ich entschloss mich, Höhenbergsteiger zu werden, und lernte, umzusteigen, wenn es Krisen oder kein Weiterkommen mehr gab. Felskletterer, Höhenbergsteiger, Abenteurer, Forscher, Politiker, Museumsgründer – es lohnte sich, mich immer wieder neu zu erfinden und zu fühlen.
Bergbauer
Sechs Museen zum Thema Berg sind mein Erbe. Ich erzähle darin, was passiert, wenn die Menschennatur auf die Bergnatur trifft. Auch mit Filmen versuche ich festzuhalten, wie sich dieses Verhältnis entwickelt hat. Ich gebe beides weiter in die Verantwortung meiner Kinder. Auch die drei Bergbauernhöfe, die ich vor dem Untergang bewahrt habe, leben weiter – als Beispiel wie man hoch oben in den Bergen ökologisch vertretbare Landwirtschaft organisieren kann.
Redaktion: Peter Steinkirchner
Fotos: imago-images, Privat, PR
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn & Sebastian Feltgen

Anna
Dimitrova

Die Dinge, die mich anders machen, sind die Dinge, die mich ausmachen.
Anna Dimitrova
Finanzvorständin bei Vodafone Deutschland
Neugierig
Mein Vater wurde 1975 von seinem Arbeitgeber, einem bulgarischen Weinproduzenten, nach Österreich geschickt. Ich war noch ein Baby. Als ich sechs Jahre alt war, ging’s zurück nach Sofia. Meine Eltern erzählten, dass ich sehr neugierig auf Bulgarien gewesen sei. Ich mag es, wenn sich die Dinge ändern. Dann bleibt es spannend. Nach dem Ende des Kommunismus gründete mein Vater einen Weinhandel. Er war mein großes Vorbild.
Fleißig
Ich wollte Unternehmerin in der Modebranche werden und dazu unbedingt Wirtschaft studieren, das Business verstehen lernen. Mein damaliger Freund, der heute mein Ehemann ist, und ich bekamen den Zuschlag für die Uni Erlangen-Nürnberg. Wir wohnten in Erlangen, ich studierte in Nürnberg. Das war ideal. Erlangen gab uns die nötige Ruhe. 2001 habe ich in meinem Jahrgang den besten Abschluss als Diplomkauffrau gemacht.
Gesellig
2001 kam ich zu Vodafone, damals noch Mannesmann D2. Auf den neuen Namen haben wir in meiner Abteilung angestoßen. Inzwischen verantworte ich die Finanzen bei der deutschen Vodafone. Damals wie heute ist es mir wichtig, Erfolge im und mit dem Team zu feiern. Das stärkt den Zusammenhalt, lässt Misserfolge durchstehen. Mein Faible für Mode lebe ich tagtäglich aus. Ein Blick auf meine Schuhe ist der beste Beweis.
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: Privat (2), PR
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn & Sebastian Feltgen
Produziert mit Storyflow
Melanie Kreis, James Dyson oder Stefan Glowacz: Entdecken Sie weitere Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft.

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