Der Ursprung meiner Karriere
Ob Studium, Hobby oder erster Job – die verschiedenen Stationen im Leben prägen nicht nur die Persönlichkeit eines Menschen, sondern auch seine Karriere. Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft berichten, wie sie wurden, was sie sind.

Antje
von Dewitz

Ich wünsche mir, dass unser Planet auch für unsere Kinder lebenswert bleibt. Lasst uns den Mut und die Offenheit aufbringen, die dafür notwendigen Veränderungen in viele Taten umzusetzen!
Antje von Dewitz
Geschäftsführerin von Vaude
Drinnen
Mein Vater Albrecht gründete Vaude 1974, zwei Jahre nach meiner Geburt. Anfangs haben meine Eltern das Geschäft komplett von unserer Wohnung aus geleitet. Ihr Kleiderschrank stand im Büro, Fotoshootings für Kataloge fanden nachts mit Nachbarn und Freunden bei uns im Wohnzimmer statt. Als Kinderspielplatz diente meinen beiden Schwestern und mir oft die Hopfendarre in der Scheune unseres Vermieters, die mein Vater als Lager für seine Ware nutzte.
Draußen
Zwei der wohl intensivsten Wochen meines Lebens habe ich im Nationalpark El Paso in den USA verbracht, als ich für ein Jahr als Austauschschülerin in Chattanooga im US-Bundesstaat Tennessee war. In den Ferien habe ich dort an einem Outdoor-Programm teilgenommen, mit allem, was dazu gehört: Nächte am Lagerfeuer, Geschichten erzählen unter einem unglaublichen Sternenhimmel, klettern auf rotem Stein. Hier entdeckte ich meine Natur- und Outdoor-Leidenschaft.
Danach
Seit mein Vater mir im Januar 2009 Vaude übergab, bin ich einer Idee gefolgt: Ich wollte überall Einblick gewähren, sei es hier bei uns am Bodensee oder den weltweiten Fertigungsstätten. Unsere Produkte sollten ökologisch so vertretbar wie möglich sein. Den Grundstein dafür legte ein Praktikum bei Vaude. Da wurde mir bewusst: Wenn ich etwas verändern möchte, dann nicht aufseiten der NGOs oder der Medien, sondern auf Unternehmensseite.
Redaktion: Peter Steinkirchner
Fotos: PR/Privat/Laif
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn & Sebastian Feltgen

Jean-Remy von Matt

Ich wollte nie Unternehmer werden. Ich wurde dazu gezwungen, weil ich von einer Agentur träumte, die es bisher nicht gab.
Jean-Remy von Matt
Mitbegründer der Werbeagentur Jung von Matt
Der Grund
Aus meiner Kindheit und Jugend fallen mir nur Flops und Niederlagen ein: vom Internat geflogen, Abitur nicht geschafft, Fußballkarriere auf der Ersatzbank abgesessen, Führerschein weder für Auto noch für Motorrad bestanden, bei Mädchen nur guter Freund geworden. Umso größer war mein Antrieb, endlich mal auf einem Gebiet Erfolg zu haben.
Der Start
Mein erster beruflicher Erfolg war ein Werbetext, der gedruckt wurde – für Duscholux. Duschtrennwände. Er lautete „Duschfreud ohne Wischleid“. Zum Dank durfte ich mit zum Fotoshooting. Da das gebuchte männliche Model einen Bauchansatz hatte, fragte der Kunde: „Herr von Matt, können Sie das nicht auch?“ Eine Minute später war ich nackt.
Der Lauf
Ein Erfolgsfaktor, der gerne verschwiegen wird, ist das pure Glück. Zum Beispiel das ganz entscheidende Glück, einen Partner zu finden, der sich nicht nur als kongenial herausstellt, sondern auch als jemand,
mit dem man Erfolg freudvoll und neidlos teilt und bei Niederlagen noch enger zusammenrückt. Ich hatte dieses Glück. Holger Jung aber auch!
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: Privat (3)/PR
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn & Sara-Verena Adamsky

Martin Richenhagen

Ich sage, was ich denke, und ich tue, was ich sage.
Martin Richenhagen
Vorstandsvorsitzender des Landmaschinenherstellers Agco
In der Natur
Als Kind hatte ich zahlreiche Haustiere: Katzen, Kaninchen, Meerschweinchen und Schildkröten. Tiere sind noch immer ein wichtiger Bestandteil meines Lebens. Deshalb nehmen wir bei Agco in der Produktentwicklung auch auf das Wohl der Tiere Rücksicht. Und meine beiden Hunde Frida und Richie begleiten mich oft auf Reisen. Sie sind bestens erzogen, auf der Fifth Avenue in New York kann ich ohne Leine mit ihnen spazieren gehen.
Im Stall
Das Foto zeigt mich mit meiner damaligen Freundin Mitte der Siebzigerjahre auf Föhr. Ich war zu der Zeit Lehrer für Religion und Französisch, betrieb nebenbei aber einen Reitstall in der Nähe von Bonn. Selbst Dressurreiter bin ich später geworden und habe bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking eine Goldmedaille für die deutsche Reitermannschaft geholt.
In der Welt
Der damalige BDI-Präsident Jürgen Thumann ritt in meinem Stall und hat mich immer aufgezogen, dass Lehrer kein guter Job sei. Schließlich hat er mich in seine Firma geholt, später machte ich Station bei Schindler und Claas. Seit 2004 leite ich, Spross einer Lehrerfamilie aus Köln-Mülheim, den Landmaschinenhersteller Agco. Dass ich als CEO einer globalen Firma die Welt kennenlernen darf, ist ein großes Privileg.
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: Privat (2)/DDP Images
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn & Sara-Verena Adamsky

Michael Klett

Ich sagte meinem Vater auf seine Frage, was ich werden wolle: Ich möchte Kunst fördern. ‚Das kannst du auch im Verlag‘, sagte er daraufhin.
Michael Klett
Aufsichtsratsvorsitzender der Klett-Gruppe
Kränklich
Ich war ein kränkliches Kind und habe wegen des Kriegs keine Grundschule besucht. Nur lesen konnte ich, als ich mit zehn Jahren auf das altsprachliche Birkenhof-Internat im Schwarzwald kam. Das war eine harte, aber auch aufregende Zeit – unter anderem die Weizsäckers gehörten zu meinen Mitschülern. Einmal flog ich von der Schule und sollte zu Hause autodidaktisch den Stoff aufholen. Von da an lief es.
Kronprinz
Ich sah meine Zukunft lange nicht im Unternehmen meines Vaters. 1965 beteiligte er mich an seinem kleinen literarischen Verlag – doch in den ersten zehn Jahren hatte ich unternehmerisch nichts zu tun und keine Funktion, außer Kronprinz zu spielen. Das Schöne daran: Durch Auslandsreisen wurde ich auf angemessene Weise entprovinzialisiert, wie mein Vater sagte. 1976 habe ich dann doch noch den Verlag übernommen.
Krisenmanager
1989 war ich als Unternehmer fast am Ende: Durch den Geburtenknick brach das Schulbuch-Geschäft ein. Dann kam die Wende. Der Außendienst sicherte uns gute Marktanteile im Osten, 1990 erzielten wir einen Gewinn von 80 Millionen Mark. Das gab es nie wieder. Heute machen wir noch 40 Prozent unseres Umsatzes mit Schulbüchern, den Rest mit eigenen Privatschulen, Kitas und Erwachsenenbildung in ganz Europa.
Redaktion: Nora Schareika
Fotos: Privat/PR
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn & Sara-Verena Adamsky

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

Ich war nicht immer und zu allem
berufen. Aber wenn sich eine Chance
ergab, habe ich sie genutzt.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
FDP-Politikerin
Spott
Für junge Leute wie meine zwei Schwestern und mich (rechts) gab es in meiner Geburtsstadt Minden kaum einen anderen Treff als das Jugendzentrum. Dort kam ich mit den „Stichlingen“, einer Kabarettgruppe, in Kontakt. Ich konnte ganz gut singen, war recht schlagfertig und hatte keine Angst vor der Bühne. Also machte ich mit und habe später mit der Gruppe noch mal ein Gastspiel in meiner alten Heimat gegeben (siehe Foto unten).
Spaß
1978 trat ich in die FDP ein. Mich motivierte ihr Freiheitsideal. Nicht die Aussicht auf ein Amt. Wer sich ständig überlegt, mit wem man sich gut stellen muss, was man sagt oder besser lässt, ist nicht authentisch. Meine erste Bundestagskandidatur 1987 war aussichtslos. In meinem Wahlkreis Starnberg wollte sich das keiner außer mir antun. Mir hat es Spaß gemacht. Ich habe selten so viel gelernt wie in dem Wahlkampf.
Spannung
Beim zweiten Anlauf 1990 klappte es. Knapp zwei Jahre später wurde das Justizministerium frei – und ich als Juristin gefragt, ob ich mir das zutraute. Klar, dachte ich, so ein Angebot bekommst du nicht noch einmal. Politisches Profil erlangte ich aber erst richtig mit meinem Rücktritt 1995 im Streit um den Großen Lauschangriff. Die Spannung zwischen Bürgerrechten und Sicherheit existiert nach wie vor und treibt mich bis heute um.
Redaktion: Karin Finkenzeller
Fotos: Privat/Imago Images/Mauersberger
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn & Sara-Verena Adamsky

Frank Thelen

Klingt einfach, ist in der Praxis
aber schwer: einmal mehr aufstehen
als hinfallen.
Frank Thelen
Unternehmer und Tech-Investor
Schulbank
Ich mache kein Geheimnis draus, dass ich ein schlechter Schüler war. Auswendiglernen lag mir nicht, beim Frontalunterricht schaltete ich automatisch ab und musste dann sogar vom Gymnasium auf die Realschule wechseln. Auch da wurde es nicht besser. Ich habe mich für die Schule nie sonderlich interessiert und ging lieber mit meinen Freunden skateboarden.
Skatepark
Beim Skateboarden habe ich gelernt, dass harte Arbeit und Durchhaltevermögen sich auszahlen und dass man seinen Erfolg selbst in der Hand hat. Ich habe mich damals für den Bau eines kleinen Skateparks in meiner Heimat Bonn eingesetzt und war anschließend am Bau der größten Halfpipe Europas beteiligt. Beim Skateboarding habe ich deutlich mehr Initiative gezeigt als in der Schule.
Start-up-Szene
Als ich 15 war, brachte mein Opa uns einen Computer nach Hause: einer der wichtigsten Wendepunkte in meinem Leben. Durch ihn habe ich meine wahre Passion, die Technologie, entdeckt. Mit 18 gründete ich meine erste Firma und fuhr sie mit Anfang 20 vor die Wand. Danach gelang mir der Durchbruch mit einer Fotoservice-Software. Seitdem investiere ich in Technologie-Start-ups.
Redaktion: Claudia Tödtmann
Fotos: Privat/Picture-Alliance/dpa
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn & Sara-Verena Adamsky

Thomas Reiter

Ich bin kein Überflieger. Nichts, was ich erreicht habe, ist mir einfach so zugefallen. Aber die Dinge, die du dir hart erarbeitest, sind dir auch die wertvollsten.
Thomas Reiter
Astronaut und Raumfahrtmanager
Gleiten
Schon früh hatte ich eine Verbindung zur dritten Dimension: Meine Eltern waren begeisterte Segelflieger, an den Wochenenden waren wir auf dem Flugplatz in Egelsbach bei Frankfurt. Noch ehe ich zur Schule
ging, bin ich regelmäßig bei meinem Vater mitgeflogen. Mit 14 Jahren begann ich meine Segelflugausbildung. Für mich stand fest, dass mein Beruf mit Luft- und Raumfahrt zu tun haben würde.
Fliegen
Ich studierte Luft- und Raumfahrttechnik, wurde Testpilot bei der Bundeswehr. Als ich die Ausbildung in Texas am T-38-Überschalljet
abgeschlossen hatte, war ich sehr stolz. Nach einem Übungsflug im Jahr 1992 rief mich der Kommandeur zu sich. War bei dem Einsatz etwas nicht in Ordnung gewesen? Nein, er fragte, ob ich Astronaut werden wolle. Ein Kindheitstraum, ich musste nicht zweimal überlegen.
Schweben
Meine Außenbordeinsätze auf der Raumstation Mir und der Internationalen Raumstation waren einfach märchenhaft. Du öffnest die Schleuse, Eiskristalle treiben glitzernd hinaus in den Sternenhimmel, 400 Kilometer unter dir siehst du ganze Kontinente. Da stockt dir der Atem. Der Weg da hoch war nicht leicht: das Auswahlverfahren, das jahrelange Training. Aber ins All würde ich sofort wieder fliegen.
Redaktion: Andreas Menn
Fotos: Privat/PR
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn & Sara-Verena Adamsky

Axel Voss

Manchmal braucht man auch
ein wenig Glück im Leben.
Axel Voss
CDU-Europaabgeordneter
Dorf
Ich wuchs als jüngstes Kind einer großen Familie auf dem Land in der Nähe von Hameln auf. Ich genoss es, im Winter mit der Dorfjugend
auf dem zugefrorenen Teich Eishockey zu spielen oder mit meinem Bruder in seinem VW-Käfer herumzufahren – vor allem, wenn ich selbst mal ans Steuer durfte. Mein Vater war in der Kommunalpolitik engagiert, aber das interessierte mich damals kaum.
Welt
Nach meinem ersten Staatsexamen absolvierte ich ein Praktikum bei der UN. Vor Ort die Entwicklungen rund um den ersten Irakkrieg
mitzubekommen, weckte schließlich mein politisches Interesse. Neben meinem Anwaltsjob arbeitete ich als Bürgerberater der EU-Kommission. 1996 trat ich der CDU bei. Statt immer nur über die Politiker zu meckern, wollte ich selbst etwas verändern.
Europa
Nachdem ich ins Europäische Parlament gewählt wurde, fand ich meine Nische in der Digitalpolitik. Als Berichterstatter zur Urheberrechtsreform konnte ich öffentliche Auftritte nicht ohne Polizei wahrnehmen, wurde als „Zerstörer des Internets“ beschimpft. Es war dennoch der Höhepunkt meiner Karriere, als eine Mehrheit im Parlament meinen Vorschlag zur Urheberrechtsreform annahm.
Redaktion: Camilla Flocke
Fotos: Privat/PR
Gestaltung und Produktion: Marcel Stahn & Sara-Verena Adamsky
Bill McDermott, Claus Hipp oder Brigitte Zypries: Entdecken Sie weitere Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft.

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